Achter Auftritt.

[66] Die Königinn kommt unter Donner aus der mittlern Versenkung, und so, daß sie gerade vor Pamina zu stehen kommt.


KÖNIGINN. Zurücke!

PAMINA erwacht. Ihr Götter!

MONOSTATOS prallt zurück. O weh! – das ist – wo ich nicht irre, die Göttin der Nacht. Steht ganz still.

PAMINA. Mutter! Mutter! meine Mutter! – Sie fällt ihr in die Arme.

MONOSTATOS. Mutter? hm! das muß man von weitem belauschen. Schleicht ab.

KÖNIGINN. Verdank es der Gewalt, mit[66] der man dich mir entriß, daß ich noch deine Mutter mich nenne. – Wo ist der Jüngling, den ich an dich sandte?

PAMINA. Ach Mutter, der ist der Welt und den Menschen auf ewig entzogen. – Er hat sich den Eingeweihten gewidmet.

KÖNIGINN. Den Eingeweihten? – Unglückliche Tochter, nun bist du auf ewig mir entrissen. –

PAMINA. Entrissen? – O fliehen wir liebe Mutter! unter deinem Schutz trotz ich jeder Gefahr.

KÖNIGINN. Schutz? Liebes Kind, deine Mutter kann dich nicht mehr schützen. – Mit deines Vaters Tod gieng meine Macht zu Grabe.

PAMINA. Mein Vater –

KÖNIGINN. Übergab freywillig den siebenfachen Sonnenkreis den Eingeweihten; diesen mächtigen Sonnenkreis trägt Sarastro auf seiner Brust. – Als ich ihn darüber beredete, so sprach er mit gefalteter Stirne: Weib! meine letzte Stunde ist da – alle Schätze, so ich allein besaß, sind dein und deiner Tochter. – Der alles verzehrende Sonnenkreis, fiel ich hastig ihm in die Rede, – ist den Geweihten bestimmt, antwortete er: – Sarastro wird ihn so männlich verwalten, wie ich bisher. – Und nun kein Wort[67] weiter; forsche nicht nach Wesen, die dem weiblichen Geiste unbegreiflich sind. – Deine Pflicht ist, dich und deine Tochter, der Führung weiser Männer zu überlassen.

PAMINA. Liebe Mutter, nach allem dem zu schließen, ist wohl auch der Jüngling auf immer für mich verloren.

KÖNIGINN. Verloren, wenn du nicht, eh' die Sonne die Erde färbt, ihn durch diese unterirdische Gewölber zu fliehen beredest. – Der erste Schimmer des Tages entscheidet, ob er ganz Dir oder den Eingeweihten gegeben sey.

PAMINA. Liebe Mutter, dürft ich den Jüngling als Eingeweihten denn nicht auch eben so zärtlich lieben, wie ich ihn jetzt liebe? – Mein Vater selbst war ja mit diesen weisen Männern verbunden; er sprach jederzeit mit Entzücken von ihnen, preißte ihre Güte – ihren Verstand – ihre Tugend. – Sarastro ist nicht weniger tugendhaft. –

KÖNIGINN. Was hör ich! – Du meine Tochter könntest die schändlichen Gründe dieser Barbaren vertheidigen? – So einen Mann lieben, der mit meinem Todfeinde verbunden, mit jedem Augenblick mir meinen Sturz bereiten würde? – Siehst du hier diesen Stahl? – Er ist für Sarastro[68] geschliffen. – Du wirst ihn todten, und den mächtigen Sonnenkreis mir überliefern.

PAMINA. Aber liebste Mutter! –

KÖNIGINN. Kein Wort!


Arie.


Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,

Tod und Verzweiflung flammet um mich her!

Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,

So bist du meine Tochter nimmermehr.

Verstossen sey auf ewig und verlassen,

Zertrümmert alle Bande der Natur,

Wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen!

Hört Rache, – Götter! – Hört der Mutter Schwur.


Sie versinkt.


Quelle:
Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte, von Emanuel Schikaneder, Wien 1791, S. 66-69.
Lizenz:
Kategorien: