[739] Der Prospekt öffnet sich. Man sieht das englische Lager in vollen Flammen stehen. Trommeln, Flucht und Verfolgung. Nach einer Weile kommt Montgomery.
MONTGOMERY allein.
Wo soll ich hinfliehn? Feinde ringsumher und Tod!
Hier der ergrimmte Feldherr, der mit drohndem Schwert
Die Flucht versperrend uns dem Tod entgegentreibt.
Dort die Fürchterliche, die verderblich um sich her
Wie die Brunst des Feuers raset – Und ringsum kein Busch,
Der mich verbärge, keiner Höhle sichrer Raum!
O wär ich nimmer über Meer hieher geschifft,
Ich Unglückselger! Eitler Wahn betörte mich,[739]
Wohlfeilen Ruhm zu suchen in dem Frankenkrieg,
Und jetzo führt mich das verderbliche Geschick
In diese blutge Mordschlacht. – Wär ich weit von hier
Daheim noch an der Savern' blühendem Gestad,
Im sichern Vaterhause, wo die Mutter mir
In Gram zurückblieb und die zarte süße Braut.
Johanna zeigt sich in der Ferne.
Weh mir! Was seh ich! Dort erscheint die Schreckliche!
Aus Brandes Flammen, düster leuchtend, hebt sie sich,
Wie aus der Hölle Rachen ein Gespenst der Nacht
Hervor. – Wohin entrinn ich! Schon ergreift sie mich
Mit ihren Feueraugen, wirft von fern
Der Blicke Schlingen nimmer fehlend nach mir aus.
Um meine Füße, fest und fester, wirret sich
Das Zauberknäuel, daß sie gefesselt mir die Flucht
Versagen! Hinsehn muß ich, wie das Herz mir auch
Dagegen kämpfe, nach der tödlichen Gestalt!
Johanna tut einige Schritte ihm entgegen, und bleibt wieder stehen.
Sie naht! Ich will nicht warten, bis die Grimmige
Zuerst mich anfällt! Bittend will ich ihre Knie
Umfassen, um mein Leben flehn, sie ist ein Weib,
Ob ich vielleicht durch Tränen sie erweichen kann!
Indem er auf sie zugehen will, tritt sie ihm rasch entgegen.
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