Zehnter Auftritt


[805] Die Vorigen. Ein Hauptmann kommt eilig.


HAUPTMANN.

Eilt, Feldherr, eilt, das Heer zur Schlacht zu stellen,

Die Franken rücken an mit fliegenden Fahnen,

Von ihren Waffen blitzt das ganze Tal.

JOHANNA begeistert.

Die Franken rücken an! Jetzt, stolzes England,

Heraus ins Feld, jetzt gilt es, frisch zu fechten!

FASTOLF.

Unsinnige, bezähme deine Freude!

Du wirst das Ende dieses Tags nicht sehn.

JOHANNA.

Mein Volk wird siegen und ich werde sterben,

Die Tapfern brauchen meines Arms nicht mehr.

LIONEL.

Ich spotte dieser Weichlinge! Wir haben

Sie vor uns her gescheucht in zwanzig Schlachten,

Eh dieses Heldenmädchen für sie stritt!

Das ganze Volk veracht ich bis auf eine,

Und diese haben sie verbannt. – Kommt, Fastolf!

Wir wollen ihnen einen zweiten Tag

Bei Crequi und Poitiers bereiten.

Ihr, Königin, bleibt in diesem Turm, bewacht

Die Jungfrau, bis das Treffen sich entschieden,

Ich laß Euch funfzig Ritter zur Bedeckung.

FASTOLF.

Was? Sollen wir dem Feind entgegengehn,

Und diese Wütende im Rücken lassen?

JOHANNA.

Erschreckt dich ein gefesselt Weib?

LIONEL.

Gib mir

Dein Wort, Johanna, dich nicht zu befreien!

JOHANNA.

Mich zu befreien ist mein einzger Wunsch.

ISABEAU.

Legt ihr dreifache Fesseln an. Mein Leben

Verbürg ich, daß sie nicht entkommen soll.


Sie wird mit schweren Ketten um den Leib und um die Arme gefesselt.


LIONEL zur Johanna.

Du willst es so! Du zwingst uns! Noch stehts bei dir!

Entsage Frankreich! Trage Englands Fahne,

Und du bist frei, und diese Wütenden,

Die jetzt dein Blut verlangen, dienen dir![805]

FASTOLF dringend.

Fort, fort, mein Feldherr!

JOHANNA.

Spare deine Worte!

Die Franken rücken an, verteidge dich!


Trompeten ertönen, Lionel eilt fort.


FASTOLF.

Ihr wißt, was Ihr zu tun habt, Königin!

Erklärt das Glück sich gegen uns, seht Ihr,

Daß unsre Völker fliehen –

ISABEAU einen Dolch ziehend.

Sorget nicht!

Sie soll nicht leben, unsern Fall zu sehn.

FASTOLF zur Johanna.

Du weißt, was dich erwartet. Jetzt erflehe

Glück für die Waffen deines Volks!


Er geht ab.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 805-806.
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