Zweiter Auftritt

[636] Vorige. Burleigh im Gespräch mit Davison.


BURLEIGH.

Sogleich muß der Befehl

Zur Hinrichtung verfaßt und mit dem Siegel

Versehen werden – Wenn er ausgefertigt,

Wird er der Königin zur Unterschrift

Gebracht. Geht! Keine Zeit ist zu verlieren.

DAVISON.

Es sollgeschehn.


Geht ab.


AUBESPINE Burleigh entgegen.

Mylord, mein treues Herz

Teilt die gerechte Freude dieser Insel.

Lob sei dem Himmel, der den Mörderstreich

Gewehrt von diesem königlichen Haupt!

BURLEIGH.

Er sei gelobt, der unsrer Feinde Bosheit

Zuschanden machte!

AUBESPINE.

Mög ihn Gott verdammen,

Den Täter dieser fluchenswerten Tat!

BURLEIGH.

Den Täter und den schändlichen Erfinder.

AUBESPINE zu Kent.

Gefällt es Eurer Herrlichkeit, Lordmarschall,

Bei Ihro Majestät mich einzuführen,

Daß ich den Glückwunsch meines Herrn und Königs

Zu ihren Füßen schuldigst niederlege –

BURLEIGH.

Bemüht Euch nicht, Graf Aubespine.

AUBESPINE offizios.

Ich weiß,

Lord Burleigh, was mir obliegt.

BURLEIGH.

Euch liegt ob,

Die Insel auf das schleunigste zu räumen.

AUBESPINE tritt erstaunt zurück.

Was! Wie ist das!

BURLEIGH.

Der heilige Charakter[636]

Beschützt Euch heute noch und morgen nicht mehr.

AUBESPINE.

Und was ist mein Verbrechen?

BURLEIGH.

Wenn ich es

Genannt, so ist es nicht mehr zu vergeben.

AUBESPINE.

Ich hoffe, Lord, das Recht der Abgesandten –

BURLEIGH.

Schützt – Reichsverräter nicht.

LEICESTER UND KENT.

Ha! Was ist das!

AUBESPINE.

Mylord,

Bedenkt Ihr wohl –

BURLEIGH.

Ein Paß, von Eurer Hand

Geschrieben, fand sich in des Mörders Tasche.

KENT.

Ists möglich?

AUBESPINE.

Viele Pässe teil ich aus,

Ich kann der Menschen Innres nicht erforschen.

BURLEIGH.

In Eurem Hause beichtete der Mörder.

AUBESPINE.

Mein Haus ist offen.

BURLEIGH.

Jedem Feinde Englands.

AUBESPINE.

Ich fodre Untersuchung.

BURLEIGH.

Fürchtet sie!

AUBESPINE.

In meinem Haupt ist mein Monarch verletzt,

Zerreißen wird er das geschloßne Bündnis.

BURLEIGH.

Zerrissen schon hat es die Königin,

England wird sich mit Frankreich nicht vermählen.

Mylord von Kent! Ihr übernehmet es,

Den Grafen sicher an das Meer zu bringen.

Das aufgebrachte Volk hat sein Hotel

Gestürmt, wo sich ein ganzes Arsenal

Von Waffen fand, es droht ihn zu zerreißen,

Wie er sich zeigt; verberget ihn, bis sich

Die Wut gelegt – Ihr haftet für sein Leben!

AUBESPINE.

Ich gehe, ich verlasse dieses Land,

Wo man der Völker Recht mit Füßen tritt,

Und mit Verträgen spielt – doch mein Monarch

Wird blutge Rechenschaft –

BURLEIGH.

Er hole sie!


Kent und Aubespine gehen ab.[637]


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 636-638.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Maria Stuart
Maria Stuart (Poches Allemand)
Maria Stuart: Empfohlen für das 9./10. Schuljahr. Schülerheft
Maria Stuart: Handreichungen für den Unterricht. Unterrichtsvorschläge und Kopiervorlagen
Maria Stuart: Trauerspiel in fünf Aufzügen (Suhrkamp BasisBibliothek)
Maria Stuart von Friedrich von Schiller. Textanalyse und Interpretation: Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Abituraufgaben mit Lösungen

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon