Erster Auftritt


[357] Illo und Terzky.


TERZKY.

Nun sagt mir! Wie gedenkt Ihrs diesen Abend

Beim Gastmahl mit den Obristen zu machen?

ILLO.

Gebt acht! Wir setzen eine Formel auf,

Worin wir uns dem Herzog insgesamt[357]

Verschreiben, sein zu sein mit Leib und Leben,

Nicht unser letztes Blut für ihn zu sparen;

Jedoch der Eidespflichten unbeschadet,

Die wir dem Kaiser schuldig sind. Merkt wohl!

Die nehmen wir in einer eignen Klausel

Ausdrücklich aus, und retten das Gewissen.

Nun hört! Die also abgefaßte Schrift

Wird ihnen vorgelegt vor Tische, keiner

Wird daran Anstoß nehmen – Hört nun weiter!

Nach Tafel, wenn der trübe Geist des Weins

Das Herz nun öffnet, und die Augen schließt,

Läßt man ein unterschobnes Blatt, worin

Die Klausel fehlt, zur Unterschrift herumgehn.

TERZKY.

Wie? Denkt Ihr, daß sie sich durch einen Eid

Gebunden glauben werden, den wir ihnen

Durch Gaukelkunst betrüglich abgelistet?

ILLO.

Gefangen haben wir sie immer – Laßt sie

Dann über Arglist schrein, so viel sie mögen.

Am Hofe glaubt man ihrer Unterschrift

Doch mehr als ihrem heiligsten Beteuern.

Verräter sind sie einmal, müssens sein,

So machen sie aus der Not wohl eine Tugend.

TERZKY.

Nun, mir ist alles lieb, geschieht nur was,

Und rücken wir nur einmal von der Stelle.

ILLO.

Und dann – liegt auch so viel nicht dran, wie weit

Wir damit langen bei den Generalen,

Genug, wenn wirs dem Herrn nur überreden,

Sie seien sein – denn handelt er nur erst

Mit seinem Ernst, als ob er sie schon hätte,

So hat er sie, und reißt sie mit sich fort.

TERZKY.

Ich kann mich manchmal gar nicht in ihn finden.

Er leiht dem Feind sein Ohr, läßt mich dem Thurn,

Dem Arnheim schreiben, gegen den Sesina

Geht er mit kühnen Worten frei heraus,

Spricht stundenlang mit uns von seinen Planen,

Und mein ich nun, ich hab ihn – weg, auf einmal[358]

Entschlüpft er, und es scheint, als wär es ihm

Um nichts zu tun, als nur am Platz zu bleiben.

ILLO.

Er seine alten Plane aufgegeben!

Ich sag Euch, daß er wachend, schlafend mit

Nichts anderm umgeht, daß er Tag für Tag

Deswegen die Planeten fragt –

TERZKY.

Ja, wißt Ihr,

Daß er sich in der Nacht, die jetzo kommt,

Im astrologischen Turme mit dem Doktor

Einschließen wird und mit ihm observieren?

Denn soll es eine wichtige Nacht sein, hör ich,

Und etwas Großes, Langerwartetes

Am Himmel vorgehn.

ILLO.

Wenns hier unten nur geschieht.

Die Generale sind voll Eifer jetzt,

Und werden sich zu allem bringen lassen,

Nur um den Chef nicht zu verlieren. Seht!

So haben wir den Anlaß vor der Hand

Zu einem engen Bündnis widern Hof,

Unschuldig ist der Name zwar, es heißt,

Man will ihn beim Kommando bloß erhalten.

Doch wißt Ihr, in der Hitze des Verfolgens

Verliert man bald den Anfang aus den Augen.

Ich denk es schon zu karten, daß der Fürst

Sie willig finden – willig glauben soll

Zu jedem Wagstück. Die Gelegenheit

Soll ihn verführen. Ist der große Schritt

Nur erst getan, den sie zu Wien ihm nicht verzeihn,

So wird der Notzwang der Begebenheiten

Ihn weiter schon und weiter führen, nur

Die Wahl ists, was ihm schwer wird; drängt die Not,

Dann kommt ihm seine Stärke, seine Klarheit.

TERZKY.

Das ist es auch, worauf der Feind nur wartet,

Das Heer uns zuzuführen.

ILLO.

Kommt! Wir müssen

Das Werk in diesen nächsten Tagen weiter fördern,[359]

Als es in Jahren nicht gedieh – Und stehts

Nur erst hier unten glücklich, gebet acht,

So werden auch die rechten Sterne scheinen!

Kommt zu den Obersten. Das Eisen muß

Geschmiedet werden, weil es glüht.

TERZKY.

Geht Ihr hin, Illo.

Ich muß die Gräfin Terzky hier erwarten.

Wißt, daß wir auch nicht müßig sind – wenn ein

Strick reißt, ist schon ein andrer in Bereitschaft.

ILLO.

Ja, Eure Hausfrau lächelte so listig,

Was habt Ihr?

TERZKY.

Ein Geheimnis! Still! Sie kommt!


Illo, geht ab.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 357-360.
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