[441] Octavio Piccolomini. Isolani tritt herein.
ISOLANI.
Hier bin ich – Nun! wer kommt noch von den andern?
OCTAVIO geheimnisvoll.
Vorerst ein Wort mit Euch, Graf Isolani.
ISOLANI geheimnisvoll.
Solls losgehn? Will der Fürst was unternehmen?
Mir dürft Ihr trauen. Setzt mich auf die Probe.
OCTAVIO.
Das kann geschehn.
ISOLANI.
Herr Bruder, ich bin nicht
Von denen, die mit Worten tapfer sind,
Und kommts zur Tat, das Weite schimpflich suchen.
Der Herzog hat als Freund an mir getan,
Weiß Gott, so ists! Ich bin ihm alles schuldig.
Auf meine Treue kann er baun.
OCTAVIO.
Es wird sich zeigen.
ISOLANI.
Nehmt Euch in acht. Nicht alle denken so.
Es haltens hier noch viele mit dem Hof,
Und meinen, daß die Unterschrift von neulich,
Die abgestohlne, sie zu nichts verbinde.
OCTAVIO.
So? Nennt mir doch die Herren, die das meinen.
ISOLANI.
Zum Henker! Alle Deutschen sprechen so.
Auch Esterhazy, Kaunitz, Deodat
Erklären jetzt, man müß dem Hof gehorchen.
OCTAVIO.
Das freut mich.
ISOLANI.
Freut Euch?
OCTAVIO.
Daß der Kaiser noch
So gute Freunde hat und wackre Diener.
ISOLANI.
Spaßt nicht. Es sind nicht eben schlechte Männer.
OCTAVIO.
Gewiß nicht. Gott verhüte, daß ich spaße!
Sehr ernstlich freut es mich, die gute Sache
So stark zu sehn.
ISOLANI.
Was Teufel! Wie ist das?
Seid Ihr denn nicht! – Warum bin ich denn hier?
OCTAVIO mit Ansehen.
Euch zu erklären rund und nett, ob Ihr
Ein Freund wollt heißen, oder Feind des Kaisers?[441]
ISOLANI trotzig.
Darüber werd ich dem Erklärung geben,
Dems zukommt, diese Frag an mich zu tun.
OCTAVIO.
Ob mir das zukommt, mag dies Blatt Euch lehren.
ISOLANI.
Wa – was? Das ist des Kaisers Hand und Siegel.
Liest.
»Als werden sämtliche Hauptleute unsrer
Armee der Ordre unsers lieben, treuen,
Des Generalleutnant Piccolomini,
Wie unsrer eignen« – Hum – Ja – So – Ja, ja!
Ich – mach Euch meinen Glückwunsch, Generalleutnant.
OCTAVIO.
Ihr unterwerft Euch dem Befehl?
ISOLANI.
Ich – aber
Ihr überrascht mich auch so schnell – Man wird
Mir doch Bedenkzeit, hoff ich –
OCTAVIO.
Zwei Minuten.
ISOLANI.
Mein Gott, der Fall ist aber –
OCTAVIO.
Klar und einfach.
Ihr sollt erklären, ob Ihr Euren Herrn
Verraten wollet, oder treu ihm dienen.
ISOLANI.
Verrat – Mein Gott – Wer spricht denn von Verrat?
OCTAVIO.
Das ist der Fall. Der Fürst ist ein Verräter,
Will die Armee zum Feind hinüberführen.
Erklärt Euch kurz und gut. Wollt Ihr dem Kaiser
Abschwören? Euch dem Feind verkaufen? Wollt Ihr?
ISOLANI.
Was denkt Ihr? Ich des Kaisers Majestät
Abschwören? Sagt ich so? Wann hätt ich das
Gesagt?
OCTAVIO.
Noch habt Ihrs nicht gesagt. Noch nicht.
Ich warte drauf, ob Ihr es werdet sagen.
ISOLANI.
Nun seht, das ist mir lieb, daß Ihr mir selbst
Bezeugt, ich habe so was nicht gesagt.
OCTAVIO.
Ihr sagt Euch also von dem Fürsten los?
ISOLANI.
Spinnt er Verrat – Verrat trennt alle Bande.
OCTAVIO.
Und seid entschlossen, gegen ihn zu fechten?
ISOLANI.
Er tat mir Gutes – doch wenn er ein Schelm ist,
Verdamm ihn Gott! die Rechnung ist zerrissen.[442]
OCTAVIO.
Mich freuts, daß Ihr in gutem Euch gefügt.
Heut Nacht in aller Stille brecht Ihr auf
Mit allen leichten Truppen; es muß scheinen,
Als käm die Ordre von dem Herzog selbst.
Zu Frauenberg ist der Versammlungsplatz,
Dort gibt Euch Gallas weitere Befehle.
ISOLANI.
Es soll geschehn. Gedenkt mirs aber auch
Beim Kaiser, wie bereit Ihr mich gefunden.
OCTAVIO.
Ich werd es rühmen.
Isolani geht. Es kommt ein Bedienter.
Oberst Buttler? Gut.
ISOLANI zurückkommend.
Vergebt mir auch mein barsches Wesen, Alter.
Herr Gott! Wie konnt ich wissen, welche große
Person ich vor mir hatte!
OCTAVIO.
Laßt das gut sein.
ISOLANI.
Ich bin ein lustger alter Knab, und wär
Mir auch ein rasches Wörtlein übern Hof
Entschlüpft zuweilen, in der Lust des Weins,
Ihr wißt ja, bös wars nicht gemeint.
Geht ab.
OCTAVIO.
Macht Euch
Darüber keine Sorge! – Das gelang!
Glück, sei uns auch so günstig bei den andern!
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