Siebenter Auftritt


[506] Vorige. Illo und Terzky.


TERZKY.

Nun solls bald anders werden! Morgen ziehn

Die Schweden ein, zwölftausend tapfre Krieger.

Dann grad auf Wien. He! Lustig, Alter! Kein

So herb Gesicht zu solcher Freudenbotschaft.

ILLO.

Jetzt ists an uns, Gesetze vorzuschreiben,

Und Rach zu nehmen an den schlechten Menschen,

Den schändlichen, die uns verlassen. Einer

Hats schon gebüßt, der Piccolomini,

Gings allen so, die's übel mit uns meinen!

Wie schwer trifft dieser Schlag das alte Haupt!

Der hat sein ganzes Leben lang sich ab –

Gequält, sein altes Grafenhaus zu fürsten,

Und jetzt begräbt er seinen einzgen Sohn!

BUTTLER.

Schad ists doch um den heldenmütgen Jüngling,

Dem Herzog selbst gings nah, man sah es wohl.

ILLO.

Hört, alter Freund! Das ist es, was mir nie

Am Herrn gefiel, es war mein ewger Zank,[506]

Er hat die Welschen immer vorgezogen.

Auch jetzo noch, ich schwörs bei meiner Seele,

Säh er uns alle lieber zehnmal tot,

Könnt er den Freund damit ins Leben rufen.

TERZKY.

Still! Still! Nicht weiter! Laß die Toten ruhn!

Heut gilt es, wer den andern niedertrinkt,

Denn Euer Regiment will uns bewirten.

Wir wollen eine lustge Faßnacht halten,

Die Nacht sei einmal Tag, bei vollen Gläsern

Erwarten wir die schwedsche Avantgarde.

ILLO.

Ja, laßt uns heut noch guter Dinge sein,

Denn heiße Tage stehen uns bevor.

Nicht ruhn soll dieser Degen, bis er sich

In österreichischem Blute satt gebadet.

GORDON.

Pfui, welche Red ist das, Herr Feldmarschall,

Warum so wüten gegen Euren Kaiser –

BUTTLER.

Hofft nicht zu viel von diesem ersten Sieg.

Bedenkt, wie schnell des Glückes Rad sich dreht,

Denn immer noch sehr mächtig ist der Kaiser.

ILLO.

Der Kaiser hat Soldaten, keinen Feldherrn,

Denn dieser König Ferdinand von Ungarn

Versteht den Krieg nicht – Gallas? Hat kein Glück,

Und war von jeher nur ein Heerverderber.

Und diese Schlange, der Octavio,

Kann in die Fersen heimlich wohl verwunden,

Doch nicht in offner Schlacht dem Friedland stehn.

TERZKY.

Nicht fehlen kanns uns, glaubt mirs nur. Das Glück

Verläßt den Herzog nicht, bekannt ists ja,

Nur unterm Wallenstein kann Östreich siegen.

ILLO.

Der Fürst wird ehestens ein großes Heer

Beisammenhaben, alles drängt sich, strömt

Herbei zum alten Ruhme seiner Fahnen.

Die alten Tage seh ich wiederkehren,

Der Große wird er wieder, der er war,

Wie werden sich die Toren dann ins Aug

Geschlagen haben, die ihn jetzt verließen![507]

Denn Länder schenken wird er seinen Freunden

Und treue Dienste kaiserlich belohnen.

Wir aber sind in seiner Gunst die nächsten.


Zu Gordon.


Auch Eurer wird er dann gedenken, wird Euch

Aus diesem Neste ziehen, Eure Treu

In einem höhern Posten glänzen lassen.

GORDON.

Ich bin vergnügt, verlange höher nicht

Hinauf, wo große Höh, ist große Tiefe.

ILLO.

Ihr habt hier weiter nichts mehr zu bestellen,

Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.

Kommt, Terzky. Es wird Zeit zum Abendessen.

Was meint Ihr? Lassen wir die Stadt erleuchten,

Dem Schwedischen zur Ehr, und wers nicht tut,

Der ist ein Spanischer und ein Verräter.

TERZKY.

Laßt das. Es wird dem Herzog nicht gefallen.

ILLO.

Was? Wir sind Meister hier, und keiner soll sich

Für kaiserlich bekennen, wo wir herrschen.

– Gut Nacht, Gordon. Laßt Euch zum letztenmal

Den Platz empfohlen sein, schickt Runden aus,

Zur Sicherheit kann man das Wort noch ändern.

Schlag zehn bringt ihr dem Herzog selbst die Schlüssel,

Dann seid Ihr Eures Schließeramtes quitt,

Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.

TERZKY im Abgehn zu Buttler.

Ihr kommt doch auch aufs Schloß?

BUTTLER.

Zu rechter Zeit.


Jene gehen ab.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 506-508.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Wallenstein
Lektürehilfen Friedrich Schiller 'Wallenstein'
Wallensteins Lager /Die Piccolomini
Wallensteins Tod.
Wallenstein: Ein dramatisches Gedicht Tübingen 1800
Wallenstein: Ein dramatisches Gedicht (Fischer Klassik)

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Flucht in die Finsternis

Flucht in die Finsternis

Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon