Zweiter Auftritt


[523] Buttler. Hauptmann Deveroux und Macdonald.


MACDONALD.

Da sind wir, General.

DEVEROUX.

Was ist die Losung?

BUTTLER.

Es lebe der Kaiser!

BEIDE treten zurück.

Wie?

BUTTLER.

Haus Östreich lebe!

DEVEROUX.

Ists nicht der Friedland, dem wir Treu geschworen?

MACDONALD.

Sind wir nicht hergeführt, ihn zu beschützen?

BUTTLER.

Wir einen Reichsfeind und Verräter schützen?

DEVEROUX.

Nun ja, du nahmst uns ja für ihn in Pflicht.

MACDONALD.

Und bist ihm ja hieher gefolgt nach Eger.

BUTTLER.

Ich tats, ihn desto sichrer zu verderben.

DEVEROUX.

Ja so!

MACDONALD.

Das ist was anders.

BUTTLER zu Deveroux.

Elender!

So leicht entweichst du von der Pflicht und Fahne?

DEVEROUX.

Zum Teufel, Herr! Ich folgte deinem Beispiel,

Kann der ein Schelm sein, dacht ich, kannst dus auch.

MACDONALD.

Wir denken nicht nach. Das ist deine Sache!

Du bist der General und kommandierst,

Wir folgen dir, und wenns zur Hölle ginge.

BUTTLER besänftigt.

Nun gut! Wir kennen einander.

MACDONALD.

Ja, das denk ich.

DEVEROUX.

Wir sind Soldaten der Fortuna, wer

Das meiste bietet, hat uns.

MACDONALD.

Ja, so ists.

BUTTLER.

Jetzt sollt ihr ehrliche Soldaten bleiben.

DEVEROUX.

Das sind wir gerne.

BUTTLER.

Und Fortüne machen.

MACDONALD.

Das ist noch besser.[523]

BUTTLER.

Höret an.

BEIDE.

Wir hören.

BUTTLER.

Es ist des Kaisers Will und Ordonnanz,

Den Friedland, lebend oder tot, zu fahen.

DEVEROUX.

So stehts im Brief.

MACDONALD.

Ja, lebend oder tot!

BUTTLER.

Und stattliche Belohnung wartet dessen

An Geld und Gütern, der die Tat vollführt.

DEVEROUX.

Es klingt ganz gut. Das Wort klingt immer gut

Von dorten her. Ja, ja! Wir wissen schon!

So eine guldne Gnadenkett etwa,

Ein krummes Roß, ein Pergament und so was.

– Der Fürst zahlt besser.

MACDONALD.

Ja, der ist splendid.

BUTTLER.

Mit dem ists aus. Sein Glücksstern ist gefallen.

MACDONALD.

Ist das gewiß?

BUTTLER.

Ich sags euch.

DEVEROUX.

Ists vorbei

Mit seinem Glück?

BUTTLER.

Vorbei auf immerdar.

Er ist so arm wie wir.

MACDONALD.

So arm wie wir?

DEVEROUX.

Ja, Macdonald, da muß man ihn verlassen!

BUTTLER.

Verlassen ist er schon von zwanzigtausend.

Wir müssen mehr tun, Landsmann. Kurz und gut!

– Wir müssen ihn töten.


Beide fahren zurück.


BEIDE.

Töten!

BUTTLER.

Töten sag ich.

– Und dazu hab ich euch erlesen.

BEIDE.

Uns?

BUTTLER.

Euch, Hauptmann Deveroux und Macdonald.

DEVEROUX nach einer Pause.

Wählt einen andern.

MACDONALD.

Ja, wählt einen andern.

BUTTLER zu Deveroux.

Erschreckts dich, feige Memme? Wie? Du hast[524]

Schon deine dreißig Seelen auf dir liegen –

DEVEROUX.

Hand an den Feldherrn legen – das bedenk!

MACDONALD.

Dem wir das Jurament geleistet haben!

BUTTLER.

Das Jurament ist null mit seiner Treu.

DEVEROUX.

Hör, General! Das dünkt mir doch zu gräßlich.

MACDONALD.

Ja, das ist wahr! Man hat auch ein Gewissen.

DEVEROUX.

Wenns nur der Chef nicht wär, der uns so lang

Gekommandiert hat und Respekt gefodert.

BUTTLER.

Ist das der Anstoß?

DEVEROUX.

Ja! Hör! Wen du sonst willst!

Dem eignen Sohn, wenns Kaisers Dienst verlangt,

Will ich das Schwert ins Eingeweide bohren –

Doch sieh, wir sind Soldaten, und den Feldherrn

Ermorden, das ist eine Sünd und Frevel,

Davon kein Beichtmönch absolvieren kann.

BUTTLER.

Ich bin dein Papst und absolviere dich.

Entschließt euch schnell.

DEVEROUX steht bedenklich.

Es geht nicht.

MACDONALD.

Nein, es geht nicht.

BUTTLER.

Nun denn, so geht – und – schickt mir Pestalutzen.

DEVEROUX stutzt.

Den Pestalutz – Hum!

MACDONALD.

Was willst du mit diesem?

BUTTLER.

Wenn ihrs verschmäht, es finden sich genug

DEVEROUX.

Nein, wenn er fallen muß, so können wir

Den Preis so gut verdienen, als ein andrer.

– Was denkst du, Bruder Macdonald?

MACDONALD.

Ja wenn

Er fallen muß und soll und 's ist nicht anders,

So mag ichs diesem Pestalutz nicht gönnen.

DEVEROUX nach einigem Besinnen.

Wann soll er fallen?

BUTTLER.

Heut, in dieser Nacht,

Denn morgen stehn die Schweden vor den Toren.

DEVEROUX.

Stehst du mir für die Folgen, General?

BUTTLER.

Ich steh für alles.

DEVEROUX.

Ists des Kaisers Will?[525]

Sein netter, runder Will? Man hat Exempel,

Daß man den Mord liebt und den Mörder straft.

BUTTLER.

Das Manifest sagt: lebend oder tot.

Und lebend ists nicht möglich, seht ihr selbst –

DEVEROUX.

Tot also! Tot – Wie aber kommt man an ihn?

Die Stadt ist angefüllt mit Terzkyschen.

MACDONALD.

Und dann ist noch der Terzky und der Illo –

BUTTLER.

Mit diesen beiden fängt man an, versteht sich.

DEVEROUX.

Was? Sollen die auch fallen?

BUTTLER.

Die zuerst.

MACDONALD.

Hör, Deveroux – das wird ein blutger Abend.

DEVEROUX.

Hast du schon deinen Mann dazu? Trags mir auf.

BUTTLER.

Dem Major Geraldin ists übergeben.

Es ist heut Faßnacht und ein Essen wird

Gegeben auf dem Schloß, dort wird man sie

Bei Tafel überfallen, niederstoßen –

Der Pestalutz, der Leßley sind dabei –

DEVEROUX.

Hör, General! Dir kann es nichts verschlagen.

Hör – laß mich tauschen mit dem Geraldin.

BUTTLER.

Die kleinere Gefahr ist bei dem Herzog.

DEVEROUX.

Gefahr! Was, Teufel! denkst du von mir, Herr?

Des Herzogs Aug, nicht seinen Degen fürcht ich.

BUTTLER.

Was kann sein Aug dir schaden?

DEVEROUX.

Alle Teufel!

Du kennst mich, daß ich keine Memme bin.

Doch sieh, es sind noch nicht acht Tag, daß mir

Der Herzog zwanzig Goldstück reichen lassen,

Zu diesem warmen Rock, den ich hier anhab –

Und wenn er mich nun mit der Pike sieht

Dastehn, mir auf den Rock sieht – sieh – so – so –

Der Teufel hol mich! ich bin keine Memme.

BUTTLER.

Der Herzog gab dir diesen warmen Rock,

Und du, ein armer Wicht, bedenkst dich, ihm

Dafür den Degen durch den Leib zu rennen.

Und einen Rock, der noch viel wärmer hält,

Hing ihm der Kaiser um, den Fürstenmantel.[526]

Wie dankt ers ihm? Mit Aufruhr und Verrat.

DEVEROUX.

Das ist auch wahr. Den Danker hol der Teufel!

Ich – bring ihn um.

BUTTLER.

Und willst du dein Gewissen

Beruhigen, darfst du den Rock nur ausziehn,

So kannst dus frisch und wohlgemut vollbringen.

MACDONALD.

Ja! da ist aber noch was zu bedenken –

BUTTLER.

Was gibts noch zu bedenken, Macdonald?

MACDONALD.

Was hilft uns Wehr und Waffe wider den?

Er ist nicht zu verwunden, er ist fest.

BUTTLER fährt auf.

Was wird er –

MACDONALD.

Gegen Schuß und Hieb! Er ist

Gefroren, mit der Teufelskunst behaftet,

Sein Leib ist undurchdringlich, sag ich dir.

DEVEROUX.

Ja, ja! In Ingolstadt war auch so einer,

Dem war die Haut so fest wie Stahl, man mußt ihn

Zuletzt mit Flintenkolben niederschlagen.

MACDONALD.

Hört, was ich tunwill!

DEVEROUX.

Sprich.

MACDONALD.

Ich kenne hier

Im Kloster einen Bruder Dominikaner

Aus unsrer Landsmannschaft, der soll mir Schwert

Und Pike tauchen in geweihtes Wasser,

Und einen kräftgen Segen drüber sprechen,

Das ist bewährt, hilft gegen jeden Bann.

BUTTLER.

Das tue, Macdonald. Jetzt aber geht.

Wählt aus dem Regimente zwanzig, dreißig

Handfeste Kerls, laßt sie dem Kaiser schwören –

Wenns eilf geschlagen – wenn die ersten Runden

Passiert sind, führt ihr sie in aller Stille

Dem Hause zu – Ich werde selbst nicht weit sein.

DEVEROUX.

Wie kommen wir durch die Hartschiers und Garden,

Die in dem innern Hofraum Wache stehn?

BUTTLER.

Ich hab des Orts Gelegenheit erkundigt.

Durch eine hintre Pforte führ ich euch,

Die nur durch einen Mann verteidigt wird.[527]

Mir gibt mein Rang und Amt zu jeder Stunde

Einlaß beim Herzog. Ich will euch vorangehn,

Und schnell mit einem Dolchstoß in die Kehle

Durchbohr ich den Hartschier und mach euch Bahn.

DEVEROUX.

Und sind wir oben, wie erreichen wir

Das Schlafgemach des Fürsten, ohne daß

Das Hofgesind erwacht und Lärmen ruft?

Denn er ist hier mit großem Komitat.

BUTTLER.

Die Dienerschaft ist auf dem rechten Flügel,

Er haßt Geräusch, wohnt auf dem linken ganz allein.

DEVEROUX.

Wärs nur vorüber, Macdonald – Mir ist

Seltsam dabei zumute, weiß der Teufel.

MACDONALD.

Mir auch. Es ist ein gar zu großes Haupt.

Man wird uns für zwei Bösewichter halten.

BUTTLER.

In Glanz und Ehr und Überfluß könnt ihr

Der Menschen Urteil und Gered verlachen.

DEVEROUX.

Wenns mit der Ehr nur auch so recht gewiß ist.

BUTTLER.

Seid unbesorgt. Ihr rettet Kron und Reich

Dem Ferdinand. Der Lohn kann nicht gering sein.

DEVEROUX.

So ists sein Zweck, den Kaiser zu entthronen?

BUTTLER.

Das ist er! Kron und Leben ihm zu rauben!

DEVEROUX.

So müßt er fallen durch des Henkers Hand,

Wenn wir nach Wien lebendig ihn geliefert?

BUTTLER.

Dies Schicksal könnt er nimmermehr vermeiden.

DEVEROUX.

Komm, Macdonald! Er soll als Feldherr enden,

Und ehrlich fallen von Soldatenhänden.


Sie gehen ab.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 523-528.
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