Das Geheimnis

Sie konnte mir kein Wörtchen sagen,

Zu viele Lauscher waren wach,

Den Blick nur durft ich schüchtern fragen,

Und wohl verstand ich, was er sprach.

Leis komm ich her in deine Stille,

Du schön belaubtes Buchenzelt,

Verbirg in deiner grünen Hülle

Die Liebenden dem Aug der Welt.


Von ferne mit verworrnem Sausen

Arbeitet der geschäftge Tag,

Und durch der Stimmen hohles Brausen

Erkenn ich schwerer Hämmer Schlag.

So sauer ringt die kargen Lose

Der Mensch dem harten Himmel ab,

Doch leicht erworben, aus dem Schoße

Der Götter fällt das Glück herab.


Daß ja die Menschen nie es hören,

Wie treue Lieb uns still beglückt!

Sie können nur die Freude stören,

Weil Freude nie sie selbst entzückt.

Die Welt wird nie das Glück erlauben,

Als Beute wird es nur gehascht,

Entwenden mußt dus oder rauben,

Eh dich die Mißgunst überrascht.


Leis auf den Zehen kommts geschlichen,

Die Stille liebt es und die Nacht,

Mit schnellen Füßen ists entwichen,

Wo des Verräters Auge wacht.

O schlinge dich, du sanfte Quelle,

Ein breiter Strom um uns herum,

Und drohend mit empörter Welle

Verteidige dies Heiligtum!


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 1, München 31962, S. 352-353,404.
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