Siebenter Auftritt.

[315] DOKTOR FAUST. Nemt meinen Dank, mächtige Geister, die ihr den Forscher nach Warheit mit heiligem Fittig umschwebt! Ihr habt euren Genius gesendet, nemt meinen Dank! Bald werd' ich euch sehen, Einwoner des Aeters, bald wink' ich euch! fasse Morgenröte bey'm Zipfel und halte Sonne am Saum ihres Kleides; schlinge mich in Geisterarmen, und sehe dich, Warheit, im Gewandlosen Glanz! Auf die Knie mit ausgebreiteten Armen. So hört mich dann, wo ihr auch schwebt, wo ihr auch euren segnenden Einfluß über die Natur verbreitet, über die Tiefen, über die Höhen, hoch an den Wolken, oder in tiefen mitternächtlichen Hölen, schwebt nieder auf Sonnenstralen, schwebt herauf auf wehenden Flammen! Feierliche Musik. Ich bin erhört, schon tönen ihre Harmonieen! Sie kommen, sie kommen! –

UNSICHTBARES CHOR.

Wer tief uns? wer rief uns aus mitternächtlichen Gründen?[315]

Wer uns aus Finsternisschwangern Schlünden?

Wer uns aus rasselnden Flammen empor? –

FAUST.

Welche Stimmen? Ha, seid ihr's? Schweben

Eure Gestallten schon um mich? – Welch Beben

Ergreift mich! Nacht sinkt herab!

Wo seid ihr? Mein Auge dekt Dunkel! fall' ab,

Dekke der Nacht, Tag, geh' auf!

Geister der Tiefe, aus euren Schlünden herauf!

UNSICHTBARES CHOR.

Wir kommen, wir kommen im Mondenlichtschimmer.

Hier sind wir, was willst du? gebiete nur immer:

Wir hören und kommen vom Adgrund empor!


Quelle:
Schink, Johann Friedrich: Der neue Doktor Faust, eine Plaisanterie mit Gesang in zwei Aufzügen. In: Zum Behuf des Teutschen Teaters, Erster Beitrag, Graz 1782, S. 303–337, S. 315-316.
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