Vorrede zum zweiten Theil einer Römischen Geschichte

[244] Auf die Melodie: »Es leben die Soldaten.«


1831.


Die Bogen waren fertig,

Der Drucker des gewärtig,

Als, just im ersten Schlaf

Mein Haus das Unglück traf.


Zwar manches Blatt verbrannte,

Doch war es das Bekannte,

Ich schrieb's in schnellem Lauf

Aus dem Gedächtniß auf.


Ich war getrost und muthig,

Und keine Stunde ruht' ich,

Doch neues Mißgeschick

Umnebelt meinen Blick.


Der Wahnwitz der Bourbonen

Entfeßelt die Dämonen

Der Revolution,

Und stürzt sie von dem Thron.


Vom Belt bis an die Tiber

Grassiert das Freiheitsfieber,

So daß es mißlich steht

Um Fürsten-Majestät.
[245]

Man sieht des Pöbels Haufen

Sich mit Soldaten raufen,

Und eh' man um sich schaut,

Verbrennen sie die Mauth.


Die Menschheit macht sich mausig,

Da ist kein Volk so lausig,

Das nicht, vom Wahn verführt,

Sich wild rebellisch rührt.


Die Zeit ist gar entsetzlich,

Der Schaden unersetzlich;

Hilft nicht der liebe Gott,

So sind wir bankerott.


Mich stören die Nationen

In Lucubrationen.

Ich weiß nicht, wo noch wie,

Bei dieser Anarchie.


Wie soll ich nun berichten

Von Römischen Geschichten?

Verhagelt ist ja schier

Die Petersilje mir.


Wie viel ich auch Excerpte

In's Schreibepult mir kerbte,

So seh' ich doch kein Heil

Für einen dritten Theil.


Auch fehlt es jetzt an Fragern

Nach Römern und Carthagern.

Senator und Tribun,

Man läßt sie beide ruhn.
[246]

Doch kommen andre Zeiten,

Für die will ich's bereiten;

Die jetz'ge Barbarei

Geht wohl einmal vorbei.


Im dreißigsten Jahrhundert

Da wird mein Buch bewundert:

Da findet man den Schatz

An dem verborgnen Platz.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke, Band 2, Leipzig 1846, S. 244-247.
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