[239] Der Dichter will zur fernen Nachwelt dringen,
Doch auf den todten Blättern schläft sein Lied,
Bis eine seelenvolle Stimm' es weckt
Und freundlich in der Hörer engem Kreiße
Für ihn um einen stillen Beifall wirbt.
Der Bühne Kunst glänzt vor der Mitwelt Augen,
Die Zauber einer fremden Welt umstrahlen
Den Augenblick des Jubels, der Entzückung,
Und tausend hingeriß'ne Herzen glüh'n.
Doch ach! sie lebt nur in des Künstlers Leben,
Und sein unsterblich Werk stirbt hin mit ihm.
Die Nachwelt muß die schönen Wunder glauben,
Die sie nicht sah; kein Bild, kein schildernd Wort
Vermag des Lebens zarten Hauch zu faßen,
Die mächt'ge hochbeseelte Gegenwart.
Drum ist des Dichters Pflicht, davon zu zeugen,
Denn er allein entflammt die Phantasie,
Daß sich in ihr Gestalten frisch bewegen
Von nie geseh'nen Dingen: und so weckt er
In fernen ungebornen Menschenaltern
Zuschauer noch dem Liebling der Thalia.
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Beschämt biet' ich dir diese Lieder an,
Wovon sich keins noch an dein Lob gewagt.
Wenn ich es leis' und schüchtern wohl versuchte,
Nahmst du die Huldigung, die dir gebührt,
Des abgedrungenen Gefühls Tribut,
Wohlwollend auf wie eine freie Gabe.
Wär' dieß ganz deiner würdig mir gelungen,
So hätt' ich wohl den schönsten Sieg errungen:
Denn aller Gunst ist sicher das Gedicht,
Das deinen Geist in holder Bildung spricht;
Der Grazien Geheimniß wird's entfalten,
Und sichtbar eine Muse drinnen walten.