Bitte

[161] Ach laß die teure Frau in bittern Leiden,

Du milde Königin, mir nicht versinken!

Ihr Herz erfrische bald ein himmlisch Winken

Aus jenen Augen, die mit Licht uns weiden.[161]


Sie darf der Morgenröte Glanz nicht meiden,

Vor der die Sterne all' ins Dunkel sinken,

Und darf aus deinem Bilde Gottheit trinken;

Sie lebt in Lieb', und liebend wird sie scheiden.


O Mutter! tot und arm sind jetzt die Herzen,

Doch wenn auch alle von dir abgefallen,

Das Heil'ge überall verspottet bliebe;


Wir fühlen noch die gottgeweihten Schmerzen,

Die freudig hin zum letzten Feuer wallen,

Es glüht und blüht in uns die erste Liebe.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 161-162.
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