Fünfter Auftritt.


[215] Canut, Godschalk, Godewin, Estrithe.


GODSCHALK.

Herr, wenn ich strafbar bin, ist es des Glücks Verbrechen.

Dieß zwang mich mit Gewalt, am Ulfo dich zu rächen.

Der Degen, den mein Arm dir willig übergiebt,

Ist von dem Blut gefärbt, das dich so schlecht geliebt.

ESTRITHE.

Wie? Mörder, und so schnell entreißt man ihm das Leben?

GODEWIN.

Ach!

CANUT.

Doch wer hatte dir das Rachschwerdt übergeben?

GODSCHALK.

Ich riß nur durch sein Blut mich selbst aus der Gefahr,

Und gab ihm einen Tod, der mir gedrohet war.

Ich nahte mich hieher mit unbesorgtem Schritte,

Zu sagen, daß mein Heer um Ulfons Strafe bitte,

Und wie voll Abscheu es sich vor der Wut entsetzt,

Zu deren Werkzeug er es schlecht genug geschätzt.

Man führet ihn von dir umringt und ohne Waffen,[215]

Doch seine Rachbegier wußt ihm ein Schwerdt zu schaffen.

Er reißt der nächsten Wacht es rasend aus der Hand;

Er eilet auf mich zu, ich sah ihn, und ich stand.

Kaum hatt ich Zeit genug, den Degen zu entblössen,

So ängstet mich sein Schwerdt mit wiederholten Stössen.

Die Wacht, die nach ihm eilt, kömmt nicht so schnell herbey:

So stürzt er schon sich selbst durch blinde Raserey:

Die Brust, die sich nicht schont, fällt in des Degens Spitze,

Der nicht auf Schaden zielt, mit dem ich nur mich schütze.

Er stirbt, indem er noch mich zu durchbohren sucht,

Zum Himmel zornig blickt, und dem Geschicke flucht,

Das ihn noch endlich zwingt, besieget zu erblassen,

Und mich nicht wenigstens mit ihm erliegen lassen.

ESTRITHE.

Ach Schmerz!

CANUT.

Bezwing dich nur. Wie dauert mich sein Blut!

Warum entstellte doch die Untreu seinen Muth!

Doch ach! die Ruhmbegier, der edelste der Triebe,

Ist nichts als Raserey, zähmt ihn nicht Menschenliebe.

Quelle:
Johann Elias Schlegel: Ausgewählte Werke. Weimar 1963, S. 215-216.
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