Das 81. Capitel.
Wenn man früh Morgens ausgehet / und betritt mit dem rechten Fuß die Thür-Schwelle / so hat man des Tages Glück.

[419] Ja, Hanß-Wurst, verlaß dich gewiß darauf! stolpere aber nicht irgend drüber weg / daß du hernach nicht weist, welcher Fuß die Schwelle betreten hat? oder siehe dich für, daß die Nase nicht eher drauf komme, als der rechte Fuß, du möchtest sonst um dein Glück kommen. Jedoch[419] meyne ich, des Glücks, das hieran verlohren gehen soll, wird nicht über drey Heller werth seyn. Ich möchte aber wissen, was denn erfolge, wenn eines mit keinem Fusse die Schwelle betritt, sondern darüber hinweg schreitet, wie die meisten zu thun pflegen? Resp. Nichts erfolget darauf; denn nichts gewinnet nichts, und wer keinen Fuß auf die Schwelle setzt, der verlieret nichts. Ergò, weil niemand, der Schuh und Strümpffe trägt, oder anhat / die Schwelle mit dem Fusse betritt, sondern mit dem Schuh, der Schuh aber kan, wegen des täglichen Umwechselns, weder der rechte noch lincke seyn; so bleibt dieser Punct unter den abergläubischen Grillen stehen.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 419-420.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken - Philosophie