Das 100. Capitel.
Wer Feld hat / und will es wohl tragend machen, der muß still schweigend einen gewissen Tag ausgehen, und von dreyerley geerbten Aeckern Erde holen, und solche unter seinen Saamen mengen, und auf seine Felder streuen.

[425] Ich beschliesse hiermit abermahl das Sechste Hundert schändliche Aberglauben zu striegeln. Und erinnert mich diese letzte unter der Striegel habende Materie, wie alle Aberglauben von irdisch-gesinneten Menschen ihren Ursprung haben, und auch von solchen Erd-Hamstern practiciret werden. Denn alles, was der Adamische Mensch thut, ja alle sein Dichten und Trachten ist nur aufs irdische gerichtet, und hieraus entspringen alle Sünden, böse Begierden, Untugenden und alle Laster, die doch von unsern himmlischen Vater aufs hefftigste mißbilliget werden. Hier in dieses Capitels Rubric will ein Adamischer Erden-Wurm diebischer und tückischer Weise ausgehen, und will sich den Seegen auf seinen Acker von andern Feldern zusammen tragen; O du elender Erden-Dieb! Was wirstu dir holen? Das wenige in sündlichen Aberglauben[425] gestohlene Erde wird dir deinen eignen Saamen verzehren. Der Satan bildet dir zwar in deinem geitzigen Wolffs-Kopffe ein; als wenn du davon grossen Nutzen hättest, es streitet aber wider die gantze Natur, weil du den Geber aller Güter, nehmlich den Seegens-vollen GOtt, verachtest, diesem nicht vertrauest, da du doch nichts hast, das nur genennet mag werden, ausser dem, was du von GOtt hast; die Hände, damit du die Erde von andern Feldern stiehlst, die Füsse, die dich auf andere Felder tragen, die Augen, womit du sie suchest und findest, dein gantzes Vermögen, das hat GOtt dir alles geliehen, daß du es zu seinen heiligen Ehren, und zu Nutz deines Nechsten anwenden sollest. Du Schand-Bube! kehrest es aber um, und giebst die Ehre, die du deinem gütigen GOtt schuldig bist, dem Teufel; Deinen Nechsten, dem du alles gutes thun, ihn lieben, sein Gut und Nahrung bessern u. helffen soltest, den neidest und bestiehlest du, und woltest lieber erndten wo du nicht gesäet hast. Ja / du wirst eine schöne Erndte halten! Ich sorge, du werdest Verderben erndten, und Fluch in deine Scheuren sammlen. Wärest du himmlisch gesinnet, und trachtetst am ersten nach dem Reich Christi und GOttes, so würde dir das Zeitliche und was du zu deiner zeitlichen Nahrung und Nothdurfft bedürffest, alles zufallen. Denn der Seegen GOttes macht reich ohne Mühe: aber deine Diebs Mühe die bringt dargegen lauter[426] Schaden, an der Seelen und leiblicher Nahrung. Ich wolte dieses mit vielen Exempeln beweisen, so es die Zeit litte / wird auch nicht nöthig seyn, weil ein weiser schon selbst weiß, was recht ist, ein Thor aber achtets nicht, und ein Dreck-Hamster vernimmts nicht, biß GOtt einst mit ihm reden wird in seinem Zorn, und erschröcken, in seinen Grimm. Und weil ich nun diese Arbeit gäntzlich beschliesse, so dienet dem Christlichen Leser zu wissen, daß ich den Endlichen Schluß dieser Materien nicht darum mache, als ob ich keine Materie mehr zu striegeln hätte. Nein keinesweges, sintemahl leider! nicht nur ein 1000. sondern viel 1000. solche gottlose Aberglauben fürstellen könnte, wenn mir nicht bey nahe ein Grauen und Entsetzen für der unglaublichen Menge solches verdammlichen Zeuges ankäme. Denn ie mehr ich auf der thörichten Menschen ihr Beginnen acht habe, ie mehr sehe ich solchen Greuel treiben. Jedoch sey GOtt auch dafür gelobt / daß er doch gleichwohl noch viele fromme Christen ausgesondert hat, welche nebst mir einen billigen Haß wider alles Abergläubische Wesen haben, und daß Er diese wohlgemeinte Schrifft nicht vergeblich lässet in die Welt fliegen; sintemahl ich doch schon offt erfahren habe, daß hiermit durch die Gnade GOttes manchem einfältigen Menschen, der aus Unverstande manche Abergläubische Thorheit begehen helffen, die Augen des Verstandes[427] eröffnet worden sind. Der Grundgütige GOtt, der einen Greuel an allen Abergläubischen Wesen hat, wolle aller Christen Hertzen recht lehren thun nach seinen Wohlgefallen, und sein guter Geist führe uns alle auf richtiger Bahn, und erhalte uns in der Wahrheit, biß an unser Ende.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. Band 2, Chemnitz 1722 [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 425-428.
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