Ad Clarissimum Virum Dn.

[1] JUSTUM GEORGIUM SCHOTTELIUM, Fautorem & amicum integrum, aliquando in illustri JULIA Competitorem, & sexcennalem Convictorem aulicum.

Scottelius anagr. Cos & litus.

Germano Patriæ pandis mysteria linguæ,

Ore loqui discit, Te duce, Teutonico,

Iam numeros monstras, (majus!) conaminis æquas

Hellada, portento, vel decus Ausonium.

Hinc nova venturis surget Tibi gloria seclis;

Nostrum acues, illis, sed Tua litus erunt.


felicifl. ominis ergò & testanda

observantiæ f.

Abraham Marconnet.


Seht diesen / der das Meer Durchsuchend unverdrossen /

Der allerschönsten Perl nun endlich hat genossen;

Kunst gründig suchet' er / verlies das sichre Land /

Und trat hin in die See / bis er die Muschel fand.

Dem Perlen Fischer war das Wasser nicht zuwider /

Ob jhm vom Kälte gleich erstarreten die Glieder:

Itz ko t Er aus der See / trägt seiner Arbeit Lohn /

Die wunderschöne Perl zusamt der Ehrenkron.

Was nütz- und lieblich ist hat dieser hie ergriffen /

Dieweil der Himmel selbst jhm den Verstand geschliffen /

So daß Er numehr hat die Muschel aufgebracht /

Die unser Vaterland so hoch berühmet macht.

Die werthe Teutsche Sprach (O könt ichs jhm verdanken!)

Hat Er zu allererst in wol gebaute Schranken

Der Lehr und Kunst gesetzt; so / daß ein Teutscher Mann

Durch jhn / die Muttersprach grundrichtig schauet an.

Nun trit Er her aufs neu / als der aus diesen dingen

Noch einen schönen Schatz bedacht war herzubringen:

Die Muschel thut Er auf und zeiget uns den Glantz

Der außerlesnen Perl / die Kugelrund und gantz /

Ja vollenkommen ist. Das Hertz muß einem lachen

Wenn man nun sehen mag die lengst-erwünschte Sachen

Der edlen Poesie / der grossen Himmelskunst /

Die gleich den Perlen gibt Krafft / Ehre / Schönheit / Gunst /

Sie lies zwar vor der Zeit jhr Antlitz etwas blikken

Durch des Gekrönten1 fleis / doch wolt' es sich nicht schikken

Zur Vollenkommenheit / aus magel ebner Bahn /

Auch war die Muschel nur ein wenig aufgethan:

Nun hat der Suchender durch Arbeit überwunden /

Und den begehrten Schatz / die theure Perl / gefunden

Die zeigt er uns mit Lust / wie man im Teutschen wol

In allem / nach der Zier und Kunst verfahren sol.

Glük zu Herr Suchender; jhr habt das Eis gebrochen /

Und numehr durch die Perl ein solches Loch gestochẽ /

Daß man sie fassen kan. Da kriegt jhr nun zu Lohn /

Der Menschen Preis und Dank / des Himmels Ehr' und Krohn.


Aus hertzlicher Liebe und Zuneigung ist

dieses seinem hoch geliebten vertrautem

Freunde zu ehren gesungen am 16.

Tage des Christmonats zu

Wedel an der Elbe

Von

Johan Risten.


Komm es ist die höchste Zeit /

Mein Freund! dan fast jeder schreibet

Jetzund Reime lang und breit /

Ungesuchet / wie jhn treibet

Der Sturmvolle Grillen Geist:

Keiner wil sich weisen lassen

Jeder wil sich das anmassen /

Daß er weder kan noch weist.

Auf und eile mit dem Buch /

Das uns lehret / wie im Dichten /

Durch dein findendes Gesuch

Wir uns klüglich sollen richten:

Hilf ab dem Gezänk und Streit /

Sonst wird unser Reimen-weben

Ein Gewäsch und Babbelgeben /

Komm es ist die höchste Zeit.


Seinem hochgeehrten Zerrn und Freunde zu

Bezeugung bestendigster Treu schreibt

dieses in Benfelden den 1.

Weinmonats 1644.

Hans-Michael Moscherosch.


Was hie der Mensche sucht / das pflegt er erst zu finden /

Dann / wann die Geisterlein des lebens hinverschwinden.

Die wahre Lebens Ehr / der Tugend rechten Lohn /

Trägt / wan das Leben aus / bestendig man davon.

Ich halte dennoch den glükseelig und gepriesen

Und gleichsam von der Gunst des Himmels an / gewiesen /

Wer dem was nützlich ist nachstrebet / wol nachtracht /

Und hoher Leute Lieb' und Ehr davon gebracht.

Das gute bleibet doch geliebet und geehret /

Ob jhm den Rükken schon der Neid hart oft zukehret:

Wer als ein Tugendfreund bey der Gelahrten Schaar

Ist angenehm / der schätzt den Neid nicht üm ein Haar.

Der Musen schönes Volk / den Lorbeerkrantz euch schenken

Und Eure Feder Sie an eine Seul aufhenken.

In das Gedechtnißhaus: Die Teutsche Jugend kan

Nach diesem recht verstehn / was jhr durch Witz gethan.

Den Kunst Lustgarten habt im Teutschen jhr gepflantzet /

Die Sprache durchgesucht / Kunstwunderlich umschatzet:

Das Ziel ist auf gestekt. Noch ferner fort: Es beut

Euch Glük und Witz die Hand: Das Vaterland sich freut.


Seinem liebwerthen Herren und Freunde

Glükwünschend übersend et dieses


Einbeck den 18. Novemb.

im Jahre 1644.

Henricus Becker.

Fußnoten

1 M. Opitz.



Der wachsame Schiffer / wenn vor sein lauffend Haus

Gefährlich bestürmet der Wellen Grimm und Graus /

Und Luft und Fahrt verschlagen /

Vol ängstiges Zweifels / vol Irrthums / voller Noth /

Ergreift er die Mittel / heist senken stracks das Loht /

Und in die tieffe tragen;

Hier mercket er fleissig wie weit die Schnure naß /

Er urtheilet vom Grunde: drauf nimt er den Compaß /

Läßt die Natur selbst richten

Im1 künstlichem Wunder vergleichet Grund und Luft /

(So steigt er ins höchste straks aus der tiefstẽ Gruft /)

Darnach sein Schiff zu lichten /

Den Haven zu suchen: Die Segel lauffen wol /

Es fůgen die Winde / das Schiff geht wie es sol /

Die Sonn ist schön und heiter:

Er selber befriedigt nimt Cirkel und Papier /

Setzt Zieferen und Zeilen / beschreibts auch andern hier /

Und lehrt sie suchen weiter.

Herr Schöttel beschiffet das Teutsche Sprachen Meer /

Die Fahrten sind stürmig / die Strassen jrrig sehr /

Er kan sie richtig machen /

Es forschet und misset und bringt die Bahn hervor /

Itzt sucht Er im Grunde bald schwingt Er sich empor

Und findet hohe Sachen;

Er findet und bindet: Der Sprachkunst Pracht / Natur /

Hat Er uns erfunden / geleitet auch zur spuhr /

Itzt lehrt Er beides binden;

Er treibet sein Teutschland zum Haven aller Kunst /

Er füget jhn alles; viel grosser Leute Gunst /

Führt jhn mit vollen Winden;

Und sehet die Sonne der Teutschen Nimphen Pracht /

Was Glantzes und Ehren / Ihr Bild und Name macht /

Wer wird den Schein nicht kennen?

Ehr Teutschland / dis Liecht recht besih / was dir dabey

Dein Suchender findet und zeigt; du kanst nun frey

Den Weisenden jhn nennen.


Aus gebührender Freund und

Dienstschuldigkeit

beygestellet

Von

Samuel Hunden.

Fußnoten

1 Artificiosum Naturæ miraculum pixis Nautica Baud.


Quelle:
Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 1.
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