Am 5ten März 1815, Nachts um 12 Uhr

[88] Keine Stimme hör' ich schallen,

Keinen Schritt auf dunkler Bahn;

Selbst der Himmel hat die schönen

Hellen Aeuglein zugethan.


Ich nur wache, süßes Leben,

Schaue sehnend in die Nacht,

Bis dein Stern in öder Ferne

Lieblich leuchtend mir erwacht.


Ach nur einmal, nur verstohlen

Dein geliebtes Bild zu sehn,

Wollt' ich gern im Sturm und Wetter

Bis zum späten Morgen stehn.


Seh' ichs nicht schon ferne leuchten?

Naht es nicht schon nach und nach?

Ach, und freundlich hör' ich's flüstern:

Sieh, der Freund ist auch noch wach.
[89]

Süßes Wort, geliebte Stimme,

Der mein Herz entgegenschlägt!

Tausend sel'ge Liebesbilder

Hat dein Hauch mir aufgeregt.


Alle Sterne seh' ich glänzen

Auf der dunkelblauen Bahn,

Und im Herzen hat und droben

Sich der Himmel aufgethan.


Holder Nachhall, wiege freundlich

Jetzt mein Haupt in milde Ruh,

Und noch oft, ihr Träume, lispelt

Ihr geliebtes Wort mir zu.

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 3, Leipzig 1819–1820, S. 88-90.
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