Am 28sten Januar 1816

[122] Sie ist zum frohen Tanz gegangen,

Ich weile traurend im Gemach,

Und nur mein Dichten, mein Verlangen,

Doch nicht mein Auge folgt ihr nach;

Und möcht' ich auch so gern mich freuen

An ihrer Freude heiterm Licht,

Doch muß ich, ihr zu nahn, mich scheuen,

Denn meine Näh' erfreut sie nicht.


Was glücklich ist im bunten Leben,

Das sucht des Tages holden Schein;

Im Lichte will der Vogel schweben,

Die Blum' im Lichte nur gedeihn.

Nur wem in sonnenhellen Räumen

Die Bilder kalt entgegenschaun,

Der muß aus Schatten und aus Träumen

Sich luft'ge Blüthenlauben baun.


Und horch, schon schlägt des Glückes Stunde,

Die holde Stimme flüstert schon;

Schon fühl' ich leis' auf meinem Munde,

Ach, nur im Traum, den süßen Lohn!

Wie ist doch Jene, die so freundlich

Mein kühnstes Sehnen jetzt erfüllt,

Dem Nahen stets so fern und feindlich

Und nur dem Fernen nah' und mild!

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 3, Leipzig 1819–1820, S. 122-123.
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