Am 20sten Februar 1816

[148] Lächeln soll ich jetzt und scherzen

Mit verweintem Angesicht,

Soll mit leichten Worten spielen,

Wenn von kämpfenden Gefühlen,

Wenn von tiefverborgnen Schmerzen

Laut im Herzen

Jeder rasche Puls mir spricht.


Liebe, kannst du mir's vergeben?

Ring' ich nicht mit deiner Macht?

Frevel ist's, dein heil'ges Feuer

Zu umziehn mit dunkelm Schleyer.

Wo die Götter herrschend schweben,

Will ihr Leben

Leuchten durch die ird'sche Nacht.


Wenig rührt's die stolzen Mächte,

Ob sie Schmerz, ob Lust verleihn;

Rastlos wollen sie sich regen,

Nur die ew'ge Kraft bewegen,

Und dem sterblichen Geschlechte

Soll das Rechte,

Was der Starke fordert, seyn.
[149]

Aber wie von Blitzespfeilen

Hell der Eiche Haupt entglüht

Und dem Strahl, der sie entzündet,

Jetzt die eigne Kraft verbündet

Und im wilden Sturmesheulen

Flammensäulen

Ihrem Feind entgegensprüht:


So soll auch das Herz nicht zagen

Vor der Götter glüh'ndem Wehn,

Denn ihr Wandeln und ihr Walten

Wird auch ihm die Kraft entfalten.

Wer ihr mächt'ges Nahn ertragen,

Darf es wagen,

Selbst die Sieger zu bestehn.


Wilde Gluth, ich will dich zwingen,

Will nur lächeln, klagen nie,

Daß die Süße, die ich liebe,

Nicht im Stillen sich betrübe;

Mag mein Herz im Kampfesringen

Auch zerspringen;

Tod und Leben sind für sie!

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 3, Leipzig 1819–1820, S. 148-150.
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