Hameln

[209] O Strom, was krümmst du, wunderbar gebogen,

Dich rasch dahin durch deinen schönen Strand,

Zur Seite bald und bald zurückgewandt,

Vom Ufer jetzt und jetzt durch dich betrogen?


Gern grüßten wohl noch einmal deine Wogen

Der ersten Kindheit holdes Vaterland;

Doch willenlos in's enge Thal gebannt,

Wirst du von stärkrer Macht hinabgezogen.


Stets tiefer wird und breiter deine Fluth;

Es regt der Mensch auf deinem glatten Spiegel

Sich kräftig rings im Sorgen und Erwerben;


Doch dir versiegt des Lebens frischer Muth;

Kein Wald bedrängt dich mehr, kein lust'ger Hügel,

Bis fern im Meer die matten Wellen sterben.

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 3, Leipzig 1819–1820, S. 209-210.
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