2.

[49] Eilf Jahre sind's, ich steh' in Schweden,

Des Bootes Dampfrauch hinter mir.

Trolhätta's Donnerfälle reden

Von dir, geliebtes Kind, von dir!


Verzweifelt stürzt mit wildem Schäumen

Ein ganzer See dem Meere zu:

So riß nach langen Hoffnungsträumen

Dein Tod mein Leben aus der Ruh'.


Hier steh' ich in der Wellen Brandung,

Und sehne mich, und suche dich,

Und find' im Strudel keine Landung;

Ach, Tod und Nacht umbrausen mich!


Und deiner Mutter muß ich denken:

Wie diese Fichten hängt ihr Mut,

Die sich in ew'gem Thaue tränken

Mit Haupt und Wurzel in der Flut. –


Doch sieh! es funkeln alle Wellen,

Und plötzlich glüht der Hain in Pracht,

Der Abendsonne Stralen quellen

Zurück aus Schwarzwaldwassernacht.


Und dräng' ein Augenwink vom Himmel

Nicht auch ins finstre Herz hinab?

Er spielt im Wogenstaubgewimmel,

Er perlt im Thau auf einem Grab.

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 49.
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