Ein Fund in der Opferbüchse

[139] 1839.


Silbern seh' ich's heute glasten

In dem braunen Kupfermeer.

Seltner Schatz im Opferkasten,

Gröschlein, ei, wo stammst du her?


Welch ein ungewohnt Gepräge,

Wie man's nicht in Rollen trifft!

Eh ich dich zum andern lege,

Sprich, weß Bild und Ueberschrift?


Was? ein Lorbeer statt der Krone

Auf dem hochgetragnen Haupt?

Du gehörest einem Sohne

Roms, vom Siegerkranz umlaubt.
[139]

Wie gebietrisch, wie allmächtig

Sehn mich Stirn und Augen an!

Und die Umschrift wie so prächtig

Imperator, – und Trajan!


Du, des größten Reichs von allen

Unverwischter, großer Held,

Mußt als Opferpfennig fallen

Einem andern Herrn der Welt!


Du, der vor des Unthiers Zähne

Den Bekenner werfen hieß,

Und, beim Gähnen der Hyäne,

Des Jahrhunderts Milde pries:


Liegst du, liegst du, stolzer Kaiser,

Dem Gekreuzigten zu Fuß?

Pflücken deines Lorbeers Reiser

Deutsche Bauern Ihm zum Gruß?


Ja, in dunkler Zeit erloschen,

Schärft sich wieder mein Gesicht;

Und vor mir in diesem Groschen

Hält des Menschen Sohn Gericht!

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 139-140.
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