Kirchenbesuch am 18. October 1814

[78] Die Sonne lichtet sich in Morgenbläue,

Will hell ihr siegreich freies Land bescheinen;

O dumpfe Stadt, wirst du dich nicht vereinen,

Den Herrn zu preisen für die ew'ge Treue?


Verschlossen stehen deine Tempelbäue,

Die Glocke ruft zur schönsten Feier Keinen;

Doch tret' ich in die Kirche, – Dank dem kleinen

Halb offnen Pförtlein dort – daß ich mich freue.


Ihr Heil'genbilder rings, so fromme, schlichte,

Laßt euch durch meinen leisen Tritt nicht stören,

Ihr feiert betend wohl des Tags Geschichte!
[78]

O Kirche, sel'ger, als bei vollen Chören,

Von Gott erfüllt, durchstralt vom Morgenlichte!

Wer ist's, der diesen darf den Eingang wehren?

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 78-79.
Lizenz:
Kategorien: