1.

[159] Daß du bei Sinnenglut und Witzesgaben

Und Phantasie, in fremder Form Gewand,

Entbehren glaubst zu können den Verstand,

Und Geist, Bethörter, wähnest schon zu haben,


Mein Hohn wird sich daran fürwahr nicht laben;

Mich dauert's, wenn ein anvertrautes Pfand

Verschleudert wird in Uebermut und Tand,

Und wenn ein junges Roß zu Tod' will traben.


Auch hoff' ich's ja, du lernst dereinst erkennen

Die Schranke deiner Kraft und wirst, geschult,

Mit Lust und Ernst auf rechter Bahn dich treiben:


Doch Andrer Freundschaft kann für dich entbrennen,

Erst wenn dein Ich nicht mit sich selbst mehr buhlt:

So lang laß uns geschiedne Leute bleiben.

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 159.
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