An Klopstock

[160] Wenn in dem Dunkel heiliger Eichen ich

Verloren sitze, Nacht auf den Bergen ist,

Des Todes Bilder mich umwallen,

Einsam die Sterne durch Wolken blicken;


Wenn Lunens Antlitz bleicher und trauriger

Den Leichenacker, Saaten der Ewigkeit,

Und dort die Felsenwand erleuchtet,

Wo noch die Trümmer der Räuber stehen;


Wenn aus den Trümmern Raben und Eulen sich

Zur Ruhe klagen, tief in der Seele mir

Die Schlangenzweifel giftig kochen,

Mörder des Schlafes auf Dunenkissen:[161]


Dann beth' ich zitternd, zitternd den Vater an,

Den du uns singest. Sturmwind und Säuseln ist

Mir deines Liedes Götterfunke,

Wie des Allmächtigen Sturm und Säuseln.


Ich höre gläubig Sphären in Harmonie;

Von deinen Saiten rauschet ihr Chor herab:

Und ruhig sink' ich auf mein Lager,

Küsse die Hände des Patriarchen.

Quelle:
Johann Gottfried Seume: Gedichte. Wien und Prag 31810, S. 160-162.
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