[391] Zimmer im Palast. Imogen und Pisanio tretenauf.
IMOGEN.
Ich wollt', am Hafen ständ'st du eingewurzelt
Und fragtest jedes Schiff. Wenn er mir schriebe,
Und ich bekäm's nicht, solch ein Brief verloren
Ist wie Verlust des Heils. Was war das Letzte,
Was er sprach?
PISANIO.
Es war: »O meine Königin!«
IMOGEN.
Dann winkt' er mit dem Tuch?
PISANIO.
Und küßt' es, Fürstin.
IMOGEN.
Fühllose Leinwand, glücklicher als ich! –
Und das war alles?
PISANIO.
Nein, Prinzessin; denn
Solang' er's machen konnte, daß ihn Auge
Und Ohr von andern unterschied, blieb er
Auf dem Verdeck, mit Handschuh, Tuch und Hut
Stets winkend, wie der Sturm und Drang der Seele
Ausdrücken konnt' am besten, wie so langsam
Sein Herz von hinnen zieh', wie schnell sein Schiff.
IMOGEN.
Er mußte klein wie eine Kräh' dir werden,
Und kleiner, eh' du aufgabst, nachzuschaun.
PISANIO.
Das tat ich, gnäd'ge Frau.
IMOGEN.
Zerrissen hätt' ich mir die Augennerven,
Nur um nach ihm zu sehn, bis die Verklein'rung
Des Raums ihn zugespitzt wie meine Nadel.
Ihm schaut' ich nach, bis er verschmolzen wäre
Von Kleinheit einer Mück' in Luft; und dann
Hätt' ich mich abgewendet und geweint. –
Pisanio, sprich, wann hören wir von ihm?
PISANIO.
Gewiß mit nächster Schiffsgelegenheit.
IMOGEN.
Wir nahmen Abschied nicht, und noch viel Liebes
Wollt' ich ihm sagen – zu erzählen wünscht' ich,
Wie ich sein dächt' in der und jener Stunde,
Gedenken dies und das; und schwören sollt' er,
Italiens Liebchen möchten nicht verlocken
Mein Recht und seine Her'; ich wollt' ihn nöt'gen,[391]
Um sechs Uhr morgens, Mitternacht und Mittag
Mir betend zu begegnen, weil ich dann
Für ihn im Himmel bin; ich wollt' ihm geben
Den Abschiedskuß, den in zwei Zauberworte
Ich eingefaßt: da tritt mein Vater ein,
Und wie der grimme Hauch des Nordens schüttelt
Er unsre Knospen ab, eh' sie erblüht.
Eine Hofdame tritt auf.
HOFDAME.
Die Kön'gin wünscht Eu'r Hoheit Gegenwart.
IMOGEN.
Was ich dir aufgetragen, das besorge! –
Der Kön'gin wart' ich auf.
PISANIO.
Wie Ihr befehlt.
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