Erste Szene

[467] Feld zwischen dem römischen und britischen Lager.


Posthumus kommt mit einem blutigen Tuche.


POSTHUMUS.

Ja, blutig Tuch, dich heb' ich auf: denn so

Verlangt' ich dich gefärbt. Ihr Ehemänner,

Verführ't ihr alle so, wie würde mancher

Ein Weib erschlagen, besser, als er selbst,

Weil sie ein wenig fehlte! – O Pisanio!

Ein guter Diener tut nicht jeden Dienst;

Nur was gerecht, ist Pflicht. – Ihr Götter! Straftet

Ihr meine Sünden so, dann lebt' ich nicht,

Dies anzuregen: zu bereuen ward

Geschont die edle Imogen, und mich

Verworfnen traf gerechte Rache. Doch

Um kleine Schuld entrafft ihr den, aus Liebe,

Daß er nicht tiefer falle: andre dürfen

Auf Sünde Sünde häufen, schlimmer stets,

Und Furcht erregend selbst gesichert bleiben.

Doch euch gesellt ist Imogen: tut, wie ihr wollt,

Und laßt mein Heil mich im Gehorchen finden!

Ich kam mit röm'schen Rittern zu bekämpfen

Der Gattin Reich: doch ist's genug, Britannien,

Daß deine Fürstin ich erschlug; sei ruhig!

Dir geb' ich keine Wunde. Drum, ihr Götter,

Hört meinen Vorsatz gnädig an: hier leg' ich

Italiens Kleider ab, und hülle mich

In brit'sche Bauerntracht: so fecht' ich gegen

Das Volk, mit dem ich kam; so will ich sterben.

Für dich, o Imogen, ist doch mein Leben,[467]

Ja, jeder Atemzug ein Tod; so unbekannt,

Gehaßt nicht, noch beklagt, weih' ich mich selbst

Dem Untergang. Erkenne kühnern Geist

Jedweder Feind, als mein Gewand verheißt!

Schenkt, Götter, mir der Leonate Kraft!

Die Welt beschämend, will ich jetzt beginnen

Den neuen Brauch: schlecht außen, kostbar innen.


Geht ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 2, Berlin: Aufbau, 1975, S. 467-468.
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