Zweiter Aufzug

Erste Szene

[90] Zimmer.


Katharina und Bianca treten auf.


BIANCA.

Sieh, Schwester, mir und dir tust du zu nah,

Wenn du mich so zur Magd und Sklavin machst:

Das nur beklag' ich; was den Putz betrifft,

Mach' los die Hand, so werf' ich selbst ihn weg,

Mantel und Oberkleid, bis auf den Rock.

Und was du mir befiehlst, ich will es tun,

So wohl weiß ich, was ich der Ältern schuldig.

KATHARINA.

Von deinen Freiern sage, ich befehl's dir,

Wer ist der liebste dir? und nicht gelogen! –

BIANCA.

Glaub' mir, o Schwester, unter allen Männern

Sah ich noch nie so auserwählte Züge,

Daß einer mehr als andre mir gefallen.

KATHARINA.

Schätzchen, du lügst. Ist's nicht Hortensio?

BIANCA.

Wenn du ihm gut bist, Schwester, schwör' ich dir,

Ich rede selbst für dich, daß du ihn kriegst.

KATHARINA.

Aha! ich merke schon, du wärst gern reich,

Du willst den Gremio, um in Pracht zu leben!

BIANCA.

Wenn er es ist, um den du mich beneidest,

Oh, dann ist's Scherz, und nun bemerk' ich auch,

Du spaßtest nur mit mir die ganze Zeit:

Ich bitt' dich, Schwester Käthchen, bind' mich los!

KATHARINA.

Wenn das ein Scherz ist, so war alles Spaß.


Schlägt sie. Baptista tritt auf.


BAPTISTA.

He, halt, du Drache! Was soll diese Bosheit?

Bianca hieher! Das arme Kind, es weint! –[90]

Bleib' doch beim Nähn, gib dich mit ihr nicht ab!

Pfui! schäme dich, du böse Teufelslarve!

Was kränkst du sie, die dich noch nie gekränkt?

Wann hat sie dir ein bittres Wort entgegnet? –

KATHARINA.

Ihr Schweigen höhnt mich, und ich will mich rächen.


Springt auf Bianca zu.


BAPTISTA.

Was! mir vor Augen? Bianca, geh hinein! –


Bianca ab.


KATHARINA.

Wollt Ihr mir das nicht gönnen? Ja, nun seh' ich's,

Sie ist Eu'r Kleinod, sie muß man vermählen,

Ich muß auf ihrer Hochzeit barfuß tanzen,

Weil Ihr sie liebt, Affen zur Hölle führen!

Sprecht nicht mit mir: denn ich will gehn und weinen,

Bis mir Gelegenheit zur Rache wird.


Ab.


BAPTISTA.

Hat je ein Hausherr den Verdruß empfunden?

Doch wer kommt hier?


Gremio, mit Lucentio, in geringer Kleidung; Petruchio mit Hortensio, als Musiklehrer; und Tranio mit Biondello, der eine Laute und Bücher trägt, treten auf.


GREMIO.

Guten Morgen, Freund Baptista!

BAPTISTA.

Freund Gremio, guten Morgen! Ihr Herrn, Gott grüß Euch!

PETRUCHIO.

Euch gleichfalls, Herr! Habt Ihr nicht eine Tochter,

Genannt Kathrina, schön und tugendhaft? –

BAPTISTA.

Ich hab' 'ne Tochter, Herr, genannt Kathrina.

GREMIO.

Ihr seid zu derb: beginnt den Spruch nach Ordnung!

PETRUCHIO.

Mischt Euch nicht drein, Herr Gremio, laßt mich machen!

Ich bin ein Edler aus Verona, der

Durch ihrer Schönheit Ruf und ihres Geistes

Leutseligkeit und höchst sittsamer Demut,

Des wundersamen Werts, sanften Betragens,

Gelockt, als Gast sich einzudrängen wagt

In Euer Haus, damit mein Aug' erfahre

Die Wahrheit des, was ich so oft gehört.[91]

Und als das Angeld der Bewillkommnung

Bring' ich Euch diesen meinen Diener hier,


stellt den Hortensio vor


Erfahren in Musik und Mathematik,

Um dieses Wissen gründlich sie zu lehren,

In dem sie, wie ich weiß, nicht unerfahren.

Schlagt mir's nicht ab, Ihr würdet sonst mich kränken;

Sein Name ist Licio, und er stammt aus Mantua.

BAPTISTA.

Ihr seid willkommen, er um Euretwillen!

Doch meine Tochter Katharin', ich weiß es,

Paßt nicht für Euch, zu meinem großen Kummer.

PETRUCHIO.

Ich seh', Ihr wollt Euch ungern von ihr trennen;

Vielleicht ist Euch mein Wesen auch zuwider? –

BAPTISTA.

Versteht mich recht, ich sprach so, wie ich denke.

Von woher kommt Ihr, Herr? Wie nenn' ich Euch? –

PETRUCHIO.

Petruchio ist mein Nam', Antonios Sohn:

In ganz Italien war der wohl bekannt.

BAPTISTA.

Ich kannt' ihn wohl, drum seinethalb willkommen!

GREMIO.

Eu'r Recht in Ehren, Herr Petruchio, laßt

Uns arme Freier auch zu Worte kommen: –

Cospetto! Ihr seid hurtig bei der Hand!

PETRUCHIO.

Laßt, Herr, ich muß es zu beenden suchen.

GREMIO.

So scheint's, doch mögt Ihr einst dem Werben fluchen!

Nachbar, diese Aufmerksamkeit ist Euch sehr angenehm, davon bin ich überzeugt. Um Euch meinerseits die gleiche Höflichkeit zu erweisen (der ich von Euch höflicher behandelt worden bin als irgend jemand), so nehme ich mir die Freiheit, Euch diesen jungen Gelehrten zu übergeben stellt Lucentio vor, welcher lange Zeit in Reims studiert hat, und ebenso erfahren ist im Griechischen, Lateinischen und andern Sprachen, als jener in Musik und Mathematik: sein Name ist Cambio: ich bitte, genehmigt seine Dienste!

BAPTISTA. Tausend Dank, Signor Gremio: willkommen, lieber Cambio! Zu Tranio. Aber, werter Herr, Ihr geht wie ein Fremder; darf ich so kühn sein, nach der Ursach' Eures Hierseins zu fragen? –[92]

TRANIO.

Verzeiht, Signor, denn Kühnheit ist's von mir,

Daß ich, ein Fremder noch in dieser Stadt,

Mich gleich als Freier Eurer Tochter nenne,

Der tugendhaft gesinnten schönen Bianca. –

Auch ist Eu'r fester Vorsatz mir bekannt,

Der Vorzug ihrer ältern Schwester gibt:

Das einz'ge, was ich bitt', ist die Erlaubnis,

Seid Ihr von meiner Herkunft unterrichtet,

Daß mit den andern Freiern Zutritt mir,

Aufnahm' und Gunst gleich allen sei gestattet.

Und zur Erziehung Eurer Töchter bracht' ich

Dies schlichte Instrument: ich bitte, nehmt's,

Und ein'ge Bücher, griechisch und latein:

Groß ist ihr Wert, wenn Ihr sie nicht verschmäht. –

BAPTISTA.

Lucentio heißt Ihr? Und von wannen kommt Ihr?

TRANIO.

Aus Pisa, edler Herr, Vincentios Sohn.

BAPTISTA.

Ein sehr geehrter Mann, ich kenn' ihn wohl

Nach seinem Ruf, und heiß' Euch sehr willkommen.


Zum Hortensio.


Nehmt Ihr die Laute, – Ihr


zum Lucentio


dies Pack von Büchern:

Gleich sollt ihr eure Schülerinnen sehn.

He! Holla, drinnen!


Ein Diener kommt.


Bursche, führ' sofort

Die Herrn zu meinen Töchtern, sage beiden,

Sie sollen höflich ihren Lehrern sein.


Diener, Hortensio, Lucentio und Biondello ab.


Ich bitt' Euch, in den Garten mir zu folgen,

Und dann zum Essen. Ihr seid sehr willkommen,

Davon ist jeder, hoff' ich, überzeugt.

PETRUCHIO.

Signor Baptista, mein Geschäft hat Eil',

Ich kann nicht jeden Tag als Freier kommen.

Wohl kennt Ihr meinen Vater, mich in ihm,

Den einz'gen Erben seines Gelds und Guts,

Das ich vermehrt eh' als vermindert habe;

So sagt mir nun: erwürb' ich ihre Gunst,

Welch eine Mitgift bringt sie mir ins Haus? –[93]

BAPTISTA.

Nach meinem Tod die Hälfte meines Guts

Und gleich zur Stelle zwanzigtausend Kronen.

PETRUCHIO.

Und für erwähnte Mitgift sichr' ich ihr

Als Wittum, falls sie länger lebt als ich,

Was nur an Länderei'n und Höfen mein.

Laßt uns genauer schriftlich dies entwerfen,

Und gelte gegenseitig der Kontrakt!

BAPTISTA.

Doch was genau zuerst sich muß ergeben,

Das ist ihr Ja; denn das ist eins und alles.

PETRUCHIO.

Ei, das ist nichts; denn seht, ich sag' Euch, Vater,

Ist sie unbändig, bin ich toll und wild:

Und wo zwei wüt'ge Feuer sich begegnen,

Vertilgen sie, was ihren Grimm genährt:

Wenn kleiner Wind die kleine Flamme facht,

So bläst der Sturm schnell Feu'r und alles aus.

Das bin ich ihr, und so fügt sie sich mir,

Denn ich bin rauh und werbe nicht als Kind.

BAPTISTA.

Wirb dann mit Glück und möge dir's gelingen;

Doch rüste dich auf ein'ge harte Reden!

PETRUCHIO.

Auf Hieb und Stich; wie Berge stehn dem Wind,

Sie wanken nicht, und blies' er immerdar.


Hortensio kommt zurück mit zerschlagnem Kopf.


Wie nun, mein Freund? Was machte dich so bleich?

HORTENSIO.

Das tat die Furcht, wahrhaftig, ward ich bleich.

BAPTISTA.

Bringt's meine Tochter weit als Künstlerin?

HORTENSIO.

Ich glaube, weiter bringt sie's als Soldat:

Eisen hält bei ihr aus, doch keine Laute.

BAPTISTA.

Kannst du sie nicht die Laute schlagen lehren?

HORTENSIO.

Nein, denn sie hat die Laut' an mir zerschlagen.

Ich sagt' ihr, ihre Griffe sei'n nicht recht,

Und bog zur Fingersetzung ihr die Hand;

Als sie mit teuflisch bösem Geiste rief:

»Griffe nennt Ihr's? Jetzt will ich richtig greifen!«

Und schlug mich auf den Kopf mit diesen Worten,

Daß durch die Laut' er einen Weg sich bahnte.

So stand ich da, erschrocken und betäubt,

Wie durchs Halseisen schaut' ich durch die Laute,[94]

Während sie tobt', und schalt mich lump'ger Fiedler,

Und Klimperhans, und zwanzig schlimme Namen,

Als hätte sie's studiert, mich recht zu schimpfen.

PETRUCHIO.

Nun, meiner Seel, es ist ein muntres Kind,

Nun lieb' ich zehnmal mehr sie als zuvor:

Wie sehn' ich mich, ein Stück mit ihr zu plaudern! –

BAPTISTA.

Kommt, geht mit mir, und seid nicht so bestürzt:

Setzt mit der Jüngsten fort den Unterricht,

Sie dankt Euch guten Rat und ist gelehrig.

Signor Petruchio, wollt Ihr mit uns gehn,

Sonst schick' ich meine Tochter Käthchen her.

PETRUCHIO.

Ich bitt' Euch, tut's; ich will sie hier erwarten


Baptista, Tranio, Gremio und Hortensio ab.


Und etwas dreist mich zeigen, wenn sie kommt.

Schmält sie, erwidr' ich ihr mit festem Ton,

Sie singe lieblich gleich der Nachtigall.

Blickt sie mit Wut, sag' ich, sie schau' so klar

Wie Morgenrosen, frisch vom Tau gewaschen.

Und bleibt sie stumm, und spricht kein einzig Wort,

So rühm' ich ihr behendes Sprechtalent,

Und sag', die Redekunst sei herzentzückend.

Sagt sie, ich soll mich packen, dank' ich ihr,

Als bäte sie mich, wochenlang zu bleiben:

Schlägt sie mich aus, so frag' ich nach dem Tag

Des Aufgebots, und wann die Hochzeit sei?

Da kommt sie schon! Und nun, Petruchio, sprich!


Katharina kommt.


Guten Morgen, Käthchen, denn so heißt Ihr, hör' ich.

KATHARINA.

Ihr hörtet recht und seid doch hart geöhrt:

Wer von mir spricht, nennt sonst mich Katharine.

PETRUCHIO.

Mein' Seel', Ihr lügt, man nennt Euch schlechtweg Käthchen,

Das lust'ge Käthchen, auch das böse Käthchen.

Doch, Käthchen, schmuckstes Käthchen in Europa,

Käthchen von Käthchenheim, du, Käthchen, goldnes

(Dukätchen sind Dukaten, drum Gold-Käthchen),[95]

Erfahre denn, du Käthchen Herzenstrost:

Weil alle Welt mir deine Sanftmut preist,

Von deiner Tugend spricht, dich reizend nennt,

Und doch so reizend nicht, als dir gebührt:

Hat mich's bewegt, zur Frau dich zu begehren. –

KATHARINA.

Bewegt? Ei seht! So bleibt nur in Bewegung,

Und macht, daß ihr Euch baldigst heimbewegt;

Ihr scheint beweglich.

PETRUCHIO.

So? was ist beweglich?

KATHARINA.

Ein Feldstuhl.

PETRUCHIO.

Brav getroffen! Sitzt auf mir!

KATHARINA.

Die Esel sind zum Tragen, so auch Ihr.

PETRUCHIO.

Die Weiber sind zum Tragen, so auch Ihr.

KATHARINA.

Nicht solchen Narr'n als Euch, wenn Ihr mich meint.

PETRUCHIO.

Ich will dich nicht belasten, gutes Käthchen;

Denn weil du doch bis jetzt nur jung und leicht ...

KATHARINA.

Zu leicht gefüßt, daß solch ein Tropf mich hasche;

Allein so schwer Gewicht als mir gebührt,

Hab' ich trotz einer.

PETRUCHIO.

Sprichst du mir vom Habicht? –

KATHARINA.

Ihr fangt nicht übel.

PETRUCHIO.

Soll ich Habicht sein,

Und du die Ringeltaube?

KATHARINA.

Zu den Tauben

Gehört Ihr selbst trotz Eurer großen Ohren,

Und dies mein Ringel ist wohl nicht für Euch.

PETRUCHIO.

Geh mir, du Wespe! Du bist allzu böse!

KATHARINA.

Nennt Ihr mich Wespe, fürchtet meinen Stachel!

PETRUCHIO.

Das beste Mittel ist, ihn auszureißen.

KATHARINA.

Ja, wüßte nur der Narr, wo er versteckt.

PETRUCHIO.

Wer weiß nicht, wo der Wespe Stachel sitzt?

Im Schweif!

KATHARINA.

Nein, in der Zunge.

PETRUCHIO.

In wessen Zunge?

KATHARINA.

In Eurer, Zungendrescher, spitzer Stichler!

PETRUCHIO.

Was! Meine Zunge wär' dein Schweif? Nein, Käthchen,

Ich bin ein Edelmann ...[96]

KATHARINA.

Das woll'n wir sehn.


Schlägt ihn.


PETRUCHIO.

Mein' Seel', du kriegst eins, wenn du nochmal schlägst!

KATHARINA.

So mögt Ihr Eure Armatur verlieren:

Wenn Ihr mich schlügt, wärt Ihr kein Edelmann,

Wärt nicht armiert, und folglich ohne Arme.

PETRUCHIO.

Treibst du Heraldik? Trag' mich in dein Buch!

KATHARINA.

Was ist Eu'r Helmschmuck? Ist's ein Hahnenkamm?

PETRUCHIO.

Ein Hahn, doch kammlos, bist du meine Henne.

KATHARINA.

Kein Hahn für mich, Ihr kräht als mattes Hähnlein!

PETRUCHIO.

Komm, Käthchen, komm, du mußt nicht sauer sehn.

KATHARINA.

's ist meine Art, wenn ich Holzäpfel sehe.

PETRUCHIO.

Hier ist ja keiner, darum sieh nicht sauer!

KATHARINA.

Doch, doch! –

PETRUCHIO.

So zeig' ihn mir!

KATHARINA.

Ich habe keinen Spiegel!

PETRUCHIO.

Wie! Mein Gesicht? –

KATHARINA.

So jung und schon so klug? –

PETRUCHIO.

Nun, bei Sankt Georg, ich bin zu jung für dich!

KATHARINA.

Doch schon verwelkt!

PETRUCHIO.

Aus Gram!

KATHARINA.

Das grämt mich nicht.

PETRUCHIO.

Nein, Käthchen, bleib', so nicht entkommst du mir.

KATHARINA.

Nein, ich erbos' Euch, bleib' ich länger hier.

PETRUCHIO.

Nicht dran zu denken: du bist allerliebst! –

Ich hörte, du seist rauh und spröd' und wild,

Und sehe nun, daß dich der Ruf verleumdet:

Denn scherzhaft bist du, schelmisch, äußerst höflich,

Nicht schnelles Wort, doch süß wie Frühlingsblumen:

Du kannst nicht zürnen, kannst nicht finster blicken,

Wie böse Weiber tun, die Lippe beißen:

Du magst niemand im Reden überhaun,

Mit Sanftmut unterhältst du deine Freier,

Mit freundlichem Gespräch und süßen Phrasen. –[97]

Was fabelt denn die Welt, daß Käthchen hinkt?

O böse Welt! Sieh, gleich der Haselgerte

Ist Käthchen schlank und grad' und braun von Farbe

Wie Haselnüss' und süßer als ihr Kern.

Laß deinen Gang mich sehn: – Nein, du hinkst nicht.

KATHARINA.

Geh, Narr, befiehl den Leuten, die du lohnst! –

PETRUCHIO.

Hat je Diana so den Wald geschmückt,

Wie Käthchens königlicher Gang dies Zimmer?

Oh, sei du Diana, laß sie Käthchen sein,

Und dann sei Käthchen keusch und Diana üppig.

KATHARINA.

Wo habt Ihr die gelehrte Red' erlernt?

PETRUCHIO.

Ist nur ex tempore, mein Mutterwitz.

KATHARINA.

O witz'ge Mutter! Witzlos sonst ihr Sohn! –

PETRUCHIO.

Fehlt mir Verstand?

KATHARINA.

Ihr habt wohl just so viel,

Euch warm zu halten.

PETRUCHIO.

Nun, das will ich auch

In deinem Bett, mein Käthchen; und deshalb

Beiseite setzend alles dies Geschwätz,

Sag' ich Euch rund heraus: Eu'r Vater gibt

Euch mir zur Frau: die Mitgift ward bestimmt,

Und wollt Ihr's oder nicht, Ihr werdet mein.

Nun, Käthchen, ich bin grad' ein Mann für dich;

Denn bei dem Sonnenlicht, das schön dich zeigt,

Und zwar so schön, daß ich dir gut sein muß,

Kein andrer darf dein Eh'mann sein als ich.

Ich ward geboren, dich zu zähmen, Käthchen,

Dich aus 'nem wilden Kätzchen zu 'nem Käthchen

Zu wandeln, zahm wie andre fromme Käthchen.

Dein Vater kommt zurück, nun sprich nicht nein,

Ich will und muß zur Frau Kathrinen haben.


Baptista, Gremio und Tranio kommen zurück.


BAPTISTA.

Nun, Herr Petruchio, sagt, wie geht es Euch

Mit meiner Tochter?

PETRUCHIO.

Nun, wie sonst als gut?

Wie sonst als gut? Unmöglich ging' es schlecht.

BAPTISTA.

Nun, Tochter Katharina? So verstört?[98]

KATHARINA.

Nennt Ihr mich Tochter? Nun, ich muß gestehn,

Ihr zeigtet mir recht zarte Vaterliebe,

Mir den Halbtollen da zum Mann zu wünschen!

Den Hans, den Flucher, wilden Renommisten,

Der's durchzusetzen denkt mit Schwadronieren! –

PETRUCHIO.

Vater, so steht's: Ihr und die ganze Welt,

Wer von ihr sprach, der sprach von ihr verkehrt.

Tut sie so wild, so ist es Politik:

Denn beißend ist sie nicht, nein, sanft wie Tauben;

Nicht heißen Sinns, nein, wie der Morgen kühl:

Im Dulden kommt sie nah Griseldens Vorbild,

Und in der Keuschheit Roms Lukretia:

Und kurz und gut: wir stimmen so zusammen,

Daß nächsten Sonntag unsre Hochzeit ist.

KATHARINA.

Eh' will ich nächsten Sonntag dich gehängt sehn.

GREMIO.

Petruchio, hört, sie will Euch eh' gehängt sehn!

TRANIO.

Nennt Ihr das gut gehn? Dann steht's schön mit uns! –

PETRUCHIO.

Seid ruhig, Herrn, ich wählte sie für mich:

Wenn wir nur einig sind, was kümmert's Euch?

Wir machten's aus, hier unter uns allein,

Daß in Gesellschaft sie sich böse stellt.

Ich sag' euch, ganz unglaublich ist's fürwahr,

Wie sie mich liebt. O du holdsel'ges Käthchen! –

Sie hing an meinem Hals, und Kuß auf Kuß

Ward aufgetrumpft, und Schwur auf Liebesschwur

So rasch, daß sie im Nu mein Herz gewann.

Oh, Ihr seid Schüler, und das ist das Wunder,

Wie zahm, wenn Mann und Frau allein gelassen,

Der lahmste Wicht die tollste Spröde stimmt.

Käthchen, die Hand! Ich reise nach Venedig,

Zum Hochzeitstage Kleider mir zu kaufen.

Besorgt das Mahl, Herr Vater, ladet Gäste,

Ich weiß gewiß, mein Käthchen zeigt sich schmuck.

BAPTISTA.

Was soll ich dazu sagen? Gebt die Hand mir,

Gott schenk' Euch Glück, mein Sohn; ihr seid ein Paar.

GREMIO UND TRANIO.

Amen von ganzem Herzen! Wir sind Zeugen. –[99]

PETRUCHIO.

Vater, und Braut, und Freunde, lebt denn wohl,

Jetzt nach Venedig! Sonntag ist bald da,

Da braucht man Ring' und Ding' und bunte Schau:

Nun küss' mich, Sonntag bist du meine Frau.


Petruchio und Katharina zu verschiedenen Seiten ab.


GREMIO.

Ward je ein Paar so schnell zusamm' gekuppelt? –

BAPTISTA.

Jetzt bin ich, Freund', in eines Kaufmanns Lage,

Da ich auf zweifelnd Glück verzweifelt wage.

TRANIO.

Doch lag die War' Euch lästig auf dem Hals,

Nun trägt sie Zinsen oder geht zu Grund.

BAPTISTA.

Als Zins ist mir nur ihre Ruhe teuer.

GREMIO.

Gewiß, er kaufte sich 'nen ruh'gen Geier! –

Doch nun, Baptista, denkt der jüngern Tochter:

Dies ist der Tag, den wir so lang' ersehnt;

Ich bin Eu'r Nachbar, war der erste Freier.

TRANIO.

Und ich bin einer, der Bianca liebt,

Mehr als Gedanken raten, Worte zeugen.

GREMIO.

Mein Lieben ist dem Herzen ganz verschwistert.

TRANIO.

Graubart, dein Lieben friert.

GREMIO.

Und deines knistert.

Fort, Springinsfeld! das Alter ist gedeihlich!

TRANIO.

Doch Jugend nur dem Mädchensinn erfreulich.

BAPTISTA.

Zankt nicht, ihr Herrn! Ich will den Streit entscheiden;

Das Bare trägt's davon. Wer von Euch zwei'n

Das größte Wittum meiner Tochter sichert,

Soll Biancas Lieb' erhalten. –

Sagt, Signor Gremio, was könnt Ihr verschreiben? –

GREMIO.

Vor allem, wißt Ihr, ist mein Haus in Padua

Reichlich versehn mit Gold und Silberzeug,

Becken und Kanne, die Händchen ihr zu waschen.

Alle Tapeten tyrisches Gewirk':

Koffer von Elfenbein, gepackt voll Kronen,

In Zedernkisten Tepp'che, bunte Decken,

Köstliche Stoffe, Zelt' und Baldachine,

Battiste, türk'sche perlgestickte Polster,

Umhänge von Venedig, golddurchnäht,

Kupfer und Zinngeschirr, und was gehört[100]

Zum Haus und Hausrat: dann im Prachthof hab' ich

Einhundert Stück Milchkühe, für den Eimer,

In Ställen hundertzwanzig fette Ochsen,

Nebst allem Zubehör und Inventar:

Ich selbst, ich bin bejahrt, ich kann's nicht leugnen;

Und wenn ich morgen sterb', ist alles ihr,

Gehört sie einzig mir, solang' ich lebe.

TRANIO.

Das »einzig« war gut angebracht, hört mich!

Ich bin des Vaters Erb' und einz'ger Sohn:

Wenn Ihr die Tochter mir zum Weibe gebt,

Verschreib' ich ihr drei, vier so schöne Häuser

Im reichen Pisa, als nur irgendeins,

Das Signor Gremio hier in Padua hat:

Zudem zweitausend Goldzechinen jährlich

Aus reichen Länderei'n, allein für sie.

Nun, Signor Gremio, womit stecht Ihr das?

GREMIO.

Zweitausend Goldzechinen Landertrag?

Mein Landgut trägt in allem nicht so viel,

Doch ihr verschreib' ich es: zudem ein Frachtschiff,

Das jetzt im Hafen von Marseille liegt.

Was! Macht Euch der Kauffahrer nun kapott?

TRANIO.

Gremio! Man weiß, mein Vater hat drei große

Kauffahrerschiffe, zwei Galeeren und

Zwölf tücht'ge Ruderbarken: die verschreib' ich,

Und zweimal mehr, als du noch bieten kannst.

GREMIO.

Nein, alles bot ich nun, mehr hab' ich nicht!

All meine Habe, mehr kann sie nicht haben:

Und wählt Ihr mich, hat sie mein Gut und mich.

TRANIO.

Dann ist vor aller Welt das Mädchen mein,

Nach Eurem Wort: Gremio ward abgetrumpft.

BAPTISTA.

Ich muß gestehn, Eu'r Bieten war das höchste;

Und stellt Eu'r Vater die Versich'rung aus,

Ist sie die Eurige: Wo nicht, verzeiht,

Wo bleibt ihr Wittum, sterbt Ihr vor dem Vater?

TRANIO.

Schikane das! Er ist bejahrt, ich jung.

GREMIO.

Und sterben Junge nicht so gut als Alte? –

BAPTISTA.

Wohlan, ihr Herrn,

Dies ist mein Wort: Auf nächsten Sonntag, wißt ihr,[101]

Ist meiner Tochter Katharine Trauung:

Nun, einen Sonntag später will ich Bianca

Mit Euch verloben, schafft Ihr den Revers;

Wo nicht, mit Signor Gremio:

Und so empfehl' ich mich und dank' euch beiden.


Ab.


GREMIO.

Lebt, Nachbar, wohl! Jetzt, Freund, fürcht' ich dich nicht,

Du Hasenfuß! Dein Vater wär' ein Narr!

Dir alles geben, und in alten Tagen

Von deiner Gnade leben? Das dir bieten?

Da wird solch italien'scher Fuchs sich hüten! –


Ab.


TRANIO.

Der Teufel hol' dich, list'ges, altes Fell!

Ich spiele hohes Spiel und setz' es durch.

Gefunden hab' ich's, meinem Herrn zu dienen.

Was braucht es mehr? Lucentio der falsche

Zeugt einen Vater, Vincentio den falschen:

Und das ist Wunders g'nug. Sonst sind's die Väter,

Die sich die Kinder zeugen; allein für unser Frein hier

Erzeugt das Kind den Vater, will nur die List gedeihn mir.


Ab.[102]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 1, Berlin: Aufbau, 1975, S. 90-103.
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