Dritte Szene

[795] Olivias Garten.


Sebastian tritt auf.


SEBASTIAN.

Dies ist die Luft, dies ist die lichte Sonne;

Dies Kleinod gab sie mir, ich fühl', ich seh' es:

Und ob mich schon Bezauberung umstrickt,

Ist's doch kein Wahnsinn. Wo ist wohl Antonio?

Ich konnt' ihn nicht im Elefanten finden.

Doch war er da: man gab mir den Bescheid,

Er streife durch die Stadt, mich aufzusuchen.

Jetzt eben wär' sein Rat mir Goldes wert:

Denn überlegt mein Geist schon mit den Sinnen,

Daß dies ein Irrtum sein kann, doch kein Wahnsinn,

So übersteigt doch diese Flut von Glück

In solchem Grade Beispiel und Begriff,

Ich hätte Lust, den Augen mißzutrauen

Und die Vernunft zu schelten, die ein andres

Mich glauben machen will, als ich sei toll,

Wo nicht, das Fräulein toll: doch wäre dies,

Sie könnte Haus und Diener nicht regieren,

Bestellungen besorgen und empfangen,

Mit solchem stillen, weisen, festen Gang,

Wie ich doch merke, daß sie tut. Hier steckt

Ein Trug verborgen. Doch da kommt das Fräulein.


Olivia kommt mit einem Priester.


OLIVIA.

Verzeiht mir diese Eile: meint Ihr's gut,

So geht mit mir und diesem heil'gen Mann

In die Kapelle neben an, und dort,

Vor ihm und unter dem geweihten Dach,

Verbürget feierlich mir Eure Treu',

Daß mein ungläub'ges, allzu banges Herz[795]

Zur Ruh' gelangen mag. Er soll's verbergen,

Bis Ihr gesonnen seid, es kund zu machen,

Und um die Zeit soll meinem Stand gemäß

Die Feier unsrer Hochzeit sein. – Was sagt Ihr?

SEBASTIAN.

Ich geh' mit Euch und diesem guten Alten,

Will Treue schwören und sie ewig halten.

OLIVIA.

So führ' uns, Vater! – Mag des Himmels Schein

Zu dieser Tat uns freundlich Segen leihn!


Alle ab.[796]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 1, Berlin: Aufbau, 1975, S. 795-797.
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