Sechste Szene

[764] Cäsars Lager bei Alexandrien.


Trompetenstoß. Es treten auf Cäsar, Agrippa, Enobarbus und andre.


CÄSAR.

Rück' aus, Agrippa, und beginn' die Schlacht!

Anton soll lebend mir gefangen sein:

So tu' es kund!

AGRIPPA.

Cäsar, wie du befiehlst.


Ab.


CÄSAR.

Die Zeit des allgemeinen Friedens naht,

Und sieg' ich heut, dann sproßt von selbst der Ölzweig

Der dreigeteilten Welt.


Ein Bote tritt auf.


BOTE.

Antonius' Heer

Rückt an zur Schlacht. –[764]

CÄSAR.

Geh hin und heiß' Agrippa,

Dir Überläufer vorn ins Treffen stellen,

Daß auf sich selbst Antonius seine Wut

Zu richten scheine!


Cäsar und Gefolge ab.


ENOBARBUS.

Alexas wurde treulos: in Judäa,

Wohin Antonius ihn geschickt, verführt' er

Herodes, sich zum Cäsar hinzuneigen,

Abtrünnig seinem Herrn. Für diese Müh'

Hat Cäsar ihn gehängt. Canidius und die andern,

Die übergingen, haben Rang und Stellen,

Nicht ehrendes Vertraun. Schlecht handelt' ich,

Und das verklagt mich mit so bitterm Schmerz,

Daß nichts mich freut.


Einer von Cäsars Soldaten tritt auf.


SOLDAT.

Enobarbus, Marc Anton

Hat deinen ganzen Schatz dir nachgesandt

Mit seiner Liebe. – Zu meinem Posten kam

Der Bote; der ist jetzt vor deinem Zelt

Und lädt die Mäuler ab. –

ENOBARBUS.

Ich schenk' es dir! –

SOLDAT.

Spotte nicht, Enobarbus:

Ich rede wahr. Schaff' nur in Sicherheit

Den Boten fort; ich muß auf meinen Posten,

Sonst hätt' ich's selbst getan. Dein Imperator

Bleibt doch ein Zeus! –


Geht ab.


ENOBARBUS.

Ich bin der einz'ge Bösewicht auf Erden

Und fühl' es selbst am tiefsten. O Anton,

Goldgrube du von Huld, wie zahltest du

Den treuen Dienst, wenn du die Schändlichkeit

So krönst mit Gold! Dies schwellt mein Herz empor;

Bricht's nicht ein schneller Gram, soll schnellres Mittel

Dem Gram voreilen; doch Gram, ich fühl's, genügt.

Ich föchte gegen dich? Nein, suchen will ich

'nen Graben, wo ich sterben mag. – Der schmählichste

Ziemt meiner letzten Tat am besten.


Ab.[765]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 4, Berlin: Aufbau, 1975, S. 764-766.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Antonius und Cleopatra
Antonius und Cleopatra.
Antony and Cleopatra/ Antonius und Cleopatra [Zweisprachig]
Antonius und Cleopatra (Theatralische Werke in 21 Einzelbänden, Bd.10)
Julius Cäsar /Antonius und Cleopatra /Coriolanus
Antony and Cleopatra / Antonius und Kleopatra: Englisch-deutsche Studienausgabe (Engl. / Dt.) Englischer Originaltext und deutsche Prosaübersetzung

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Seltsame Leiden eines Theaterdirektors

Seltsame Leiden eines Theaterdirektors

»Ein ganz vergebliches Mühen würd' es sein, wenn du, o lieber Leser, es unternehmen solltest, zu den Bildern, die einer längst vergangenen Zeit entnommen, die Originale in der neuesten nächsten Umgebung ausspähen zu wollen. Alle Harmlosigkeit, auf die vorzüglich gerechnet, würde über diesem Mühen zugrunde gehen müssen.« E. T. A. Hoffmann im Oktober 1818

88 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon