Fünfte Szene

[558] Glosters Schloß.


Es treten auf Cornwall und Edmund.


CORNWALL. Ich will Rache an ihm, eh' ich sein Haus verlasse.

EDMUND. Mylord, wie man mich tadeln wird, daß ich so die Natur meinem Diensteifer geopfert, – daran denk' ich mit Schaudern.

CORNWALL. Ich sehe nun ein, daß Euer Bruder nicht so ganz aus Bösartigkeit seinen Tod suchte; es war vielmehr ein treibendes Gefühl, durch die Schlechtigkeit des Alten erregt.

EDMUND. Wie heimtückisch ist mein Schicksal, daß ich bejammern muß, gerecht zu sein! – Hier ist der Brief, von dem er sprach, aus dem hervorgeht, daß er ein geheimer Anhänger der französischen Partei ist. O Himmel! daß dieser Verrat nicht wäre, oder ich nicht der Entdecker! –

CORNWALL. Kommt mit mir zur Herzogin!

EDMUND. Wenn der Inhalt dieses Briefes wahr ist, so habt Ihr wichtige Dinge zu erledigen.

CORNWALL. Wahr oder falsch, er hat dich zum Grafen von Gloster gemacht. Suche deinen Vater auf, daß er gleich zur Rechenschaft gezogen werde!

EDMUND beiseit. Finde ich ihn beschäftigt, dem König beizustehn, so wird das den Argwohn noch verstärken. Laut. Ich will in meiner Treue fortfahren, wie schmerzlich auch der Kampf zwischen mir und meinem Herzen ist.

CORNWALL. Du sollst mein Vertrauen besitzen und in meiner Liebe einen bessern Vater finden.


Sie gehn ab.[558]


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 4, Berlin: Aufbau, 1975, S. 558-559.
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