[67] Der Abend wallt hernieder,
Die Silberwolke thaut;
Stumm sind des Haines Lieder,
Der Berge Blau ergraut,
Bewegt vom Abendwinde
Wiegt sich der Blüthenzweig
Der duftgefüllten Linde
Im mondbeglänzten Teich.
Laut stürzt die Felsenquelle
Von Silberstaub' beschäumt,
Hin in des Stromes Welle,
Vom Abendroth besäumt;
Dumpf hallt aus öder Ferne
Des Uhus wildes Schrei'n,
Bleich flimmern Mond und Sterne
Im dunklen Kirchhofs-Hain.
[68]
Der Tag, im Nebelschleier
Der Dämm'rung eingehüllt,
Malt mir mit ernster Feier,
Melancholie! dein Bild.
Wie schwebt so matt, so traurig
Der blasse Mond empor.
Wie tönt so ernst, so schaurig
Der Unke Ruf im Moor!
Wie melancholisch flüstert
Der kleinen Grille Lied,
In leiser Stille knistert
Das falbe, dürre Ried.
Ich seh', gestimmt zur Trauer,
Dort blaue Flämmchen wehn,
Und Geister an der Mauer
Im Leichgewande stehn.
Hier, wo mich ernster Schauer
Mit kalter Hand ergreift,
Und jedes Bild die Trauer
Der bangen Seele häuft,[69]
Hier schwinden, wie Atome,
Vor meines Geistes Blick
Die täuschenden Fantome
In ihre Nacht zurück.
Das Schlummergrab der Müden
Rust laut und wahr mir zu:
»Hier herrschet ew'ger Frieden
Und nie gestörte Ruh!«
Hier seh' ich klar und helle
Die Welt, ihr Schatten-Glück; –
Zu seines Urstoffs Quelle
Sehnt sich mein Geist zurück!