|
Der Mon auff runder heyden war/
Vnd hütet seiner Sternen;
Zween Hirten jhm da spielten zwar/
Auff Harpffen/ vnd Quinternen.
Sie fuhren fort mit nichten blödt
Jhm freundlich lieb-zu-kosen/
Biß gar die schöne Morgenröth
Sich crönt mit frischen Rosen.
Der Damon/ vnd auch Halton from/
Auß süß-gedänten seiten
Zur wett sich trieben vmb/ vnd vmb/
Wers Cräntzlein möcht erstreiten/
Drauff eylends ich mich vnderstund
Es klüglich auffzufassen:
Doch alles ich nit setzen kund/
Must vil noch hinden lassen.
Der Hirt Damon hebet an.
O schöner Mon/ du bester Hirt
Auff blaw-gefarbten weyden/
Groß vortheil dir da widerfihrt/
Doch wil dich nit beneyden.
Nur sing/ v kling dem schöpffer dein/
Dem Schöpffer hoch-gepriesen;
Der dir so frey geraumet ein
So weit geründte Wiesen.
[179] Der Hirt Halton.
O schöner Mon du bester Hirt
Bey deinen besten Schaffen/
Bey deinen Sternen wolgeziert/
Wan thier/ vnd menschen schlaffen.
Auch ich wil dir nit neydig sein/
Noch tragen dir den grollen/
Wan schon die stern/ v schäfflein dein
Seind voll der gülden wollen.
Der Hirt Damon.
Nur lobe nur den Schöpffer dein/
Der dir ist wol gewogen/
Vnd dir die gülden Lä ierlein/
Er selbst hat aufferzogen.
Sie nie noch keine mütterlein/
Noch keine brüst gesogen/
Der Schöpffer nur/ nur Er allein/
Er selbst hats aufferzogen.
Der Hirt Halton.
Er spritzet ab ein kräfftigs wort
Von lind gerührter zungen/
Gleich deine Schäfflein mancher sort
In blawen felden sprungen:
Gleich kleidet ers in gülden woll
Auff rein glasierten wasen/[180]
Vnd hieß alda daß Bürßlein toll
Dir stäts ob augen grasen.
Der Hirt Damon.
Wan vnser herden dort/ vnd hie
Gar offt in wälden irren/
Die deinen noch verlauffens nie/
Noch jemahl sich verwirren:
Auch vngenanter Bösewicht
Dir nie die zahl mag schwächen:
Auch hund/ noch steckē brauchest nicht/
Mag dir ja nichts gebrechen.
Der Hirt Halton.
Ach lobe noch den schöpffer werth/
Der gütlich thät erachten/
Daß auch er deine gülden Herd
Nur weiden ließ bey nachten.
Dan weil an hirn/ vnd häupter blöd
Sie keine Sonn vertragen/
Vnzweifflich würdens all getöd
In Sonnen-liechten tagen.
Der Hirt Damon.
Ja lobe noch den Schöpffer milt/
Der fridlich sie macht grasen:
Der alle wind vnd brausen stillt/
Daß nie so kräftig blasen.[181]
Er schonet immer deiner Herd/
Beschirmets aller-wegen/
Daß nimmer sie berühret werd
Vom Wetter/ Schnee vnd Regen.
Der Hirt Halton.
Er schaffet jhn gesunde Weid/
Gesunden lufft/ vnd speisen/
Daß ledig sie von allem leid/
Die runde baan durchreisen/
Er leitets gleichsam an der schnur/
Auch selbst ist er nit ferren:
Nur lobe dan/ vnd lobe nur
So milt- vnd frommen Herren.
Der Hirt Damon.
Ja lobe noch so milten Gott/
So milt- vnd frommen Herren/
Dem freylich deine gülden Rott
Mit gülden zungen plerren.
Doch wir so ferr erhörens nicht/
Weil wir die ohren spahren;
Wer hertz/ vnd sinn hinauffen richt/
Wirds je noch wol erfahren.
Der Hirt Halton.
Die gantze gülden Schäfferey
Stäts jhm bas lob verkündet:[182]
Stäts preisen jhn mit stillem schrey
Die Sternen glatt geründet.
Still ruffen sie die gantze nacht:
Er vvarlich, Er vnfehlber,
Er, Er allein hat vns gemacht,
Vnd vvir vns ja nit selber.
Der Hirt Damon.
O Mon/ du frommer Sternen-hirt/
Vns lasset beyd zusammen/
Alweil die Sonn gewecket wirdt/
Erheben Gottes namen/
Vns laßt mit süssem jubel-schrey
Den Schöpffer hoch verehren:
Laßt jhn von hertzen preisen frey;
Der tag wil wider-kehren.
Der Hirt Halton.
Die Morgenröth schon wachet gar/
Wil schon die Nacht verleiten/
Schon flechtets jhre purpur-haar/
Vnd wil den Tag bereiten.
Vns laßt noch preisen allezeit
Den Schöpffer groß von machten/
Laßt feyren jhm in fröligkeit/
Zu Morgen/ wie zu Nachten.
Ausgewählte Ausgaben von
Trutznachtigall
|
Buchempfehlung
Dem Mönch Medardus ist ein Elixier des Teufels als Reliquie anvertraut worden. Als er davon trinkt wird aus dem löblichen Mönch ein leidenschaftlicher Abenteurer, der in verzehrendem Begehren sein Gelübde bricht und schließlich einem wahnsinnigen Mönch begegnet, in dem er seinen Doppelgänger erkennt. E.T.A. Hoffmann hat seinen ersten Roman konzeptionell an den Schauerroman »The Monk« von Matthew Lewis angelehnt, erhebt sich aber mit seiner schwarzen Romantik deutlich über die Niederungen reiner Unterhaltungsliteratur.
248 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro