[8] Dem newen Teutschen Poeten zu lieb
vnd ehren: wie dan auch dem Christlichen
Leser zu guter nachrichtung.
Ad Musas.
Sicelides Musae sacrum decorate Poëtam,
Qui vos Germano nunc facit ore loqui.
1.
O Du mit scharpffen sinnen
Begabter Iungfravv-Chor:
Ihr, die gleich als Göttinnen,
Den Künsten stehet vor,
Den Reymen-Dichter zieret,
Erzeigt ihm evvre Gunst:
Zur Teutschen Schul er führet
Gantz zierlich evvre Kunst.
2.
Auff scharpffem hirn hat schliffen
Der rauhen vvort gar viel,
Die SEITEN recht hat griffen
Im NEVVEN MUSIC-SPIEL.
Kein syllbe vvird gezvvungen
Zu seinen Versen rein,
Ihm alles vngetrungen
Zun Reymen fliesset ein.
3.
Er jetz in thäl- vnd VVälden
Den vöglen spielet auff:
Er jetz nach heid- vnd Felden
Zun Hirten nimbt den lauff,
Sein Kunst bey ihnen zeiget
In stücklein allerhandt,[11]
Die seiten hoch besteiget
Durch noten vnbekandt.
4.
Er auch sich vvol darff vvagen
Zum Himmel vveit hinein,
Die höchst Geheimnus schlagen
Auff harpff- vnd Lauten sein,
VVas er Poëtisch dichtet,
Mit zierde führet ein,
Auff GOTT fein ALLES richtet,
Vnd IHN vermeint ALLEIN.
5.
Die Göttlich Lieb gezielet
Auff jhn hat manchen pfeil;
Mit dem er vvidrumb spielet
Den Seelen nur zum heil.
Er vieler hertz gerühret,
Der vvelt hat zogen ab;
Biss jhn der Todt entführet,
Vnd endtlich legt ins grab.
6.
Sein schuldt hat also zahlet.
Ob zvvar jhms leben kost:
In Schrfftein doch gemahlet
Sein Bildtnuss steht zum trost.
VVer dan begehrt zu sehen
Den lieb- vnd vvehrten man,
Darff vveiter nicht zu gehen,
Man HIE jhn schavven kan.
7.
Sein Hertz von lieb entzündet,
Sein Seelen eyffer gross[12]
Fast jeder Verss verkündet,
Gibt da sich aller bloss.
Du nun auff sein begehren,
Brauch alles pur ALLEIN
Zu GOTTES lob vnd EHREN
Zum heil der Seelen dein.
Ausgewählte Ausgaben von
Trutznachtigall
|
Buchempfehlung
Die beiden Schwestern Julchen und Lottchen werden umworben, die eine von dem reichen Damis, die andere liebt den armen Siegmund. Eine vorgetäuschte Erbschaft stellt die Beziehungen auf die Probe und zeigt, dass Edelmut und Wahrheit nicht mit Adel und Religion zu tun haben.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro