Schloss im Herbst

[206] Herbert z.e.


Durch düstre Turmkronen wo vom Gemäuer

Sand hinstiebt und große schwarze Vögel

gespenstisch rauschend durch morsche Luken flattern

läuft der Sturm in Nächten wenn der rote Vollmond

funkelnd zwischen grauen Wolken liegt

stöhnt und läuft durch weite öde Säle

wo aus verwitterten Wänden dunkle Bilder

trüb herschimmern in vergilbten goldnen Rahmen

über dämmrig schauernde lange Korridore

bleiche Gänge steile Stufen

in den Park der wie smaragdene Brandung

an die Mauern drängt purpurumraschelt

vom Prunkgewand des Herbstes und der rote Mond

webt seltsam um das glühe Laub der Eschen und

der Schlinggewächse die die alten tiefen Brunnen

umsponnen halten deren Rauschen

lange starb in einer schwülen Sommernacht.

Quelle:
Ernst Stadler: Dichtungen, Band 2, Hamburg o.J. [1954], S. 206-207.
Lizenz:
Kategorien: