Achtundsiebenzigstes Kapitel.

[120] Ab und zu brachte nun wohl eine solche sinnetäuschende, herzerquickende Berathung über die Zerstörung von Dünkirchen meinem Onkel Toby für kurze Augenblicke einen Schimmer jener Lust zurück, die ihm zu entweichen drohte. Dennoch – dennoch war es eine schwere Zeit; denn war die kurze Täuschung vorüber, so hinterließ sie die Seele nur um so matter; Stille und Schweigen zogen in das einsame Wohnzimmer ein und warfen ihren Nebelschleier über meines Onkel Toby's Haupt; Verdrossenheit mit ungespanntem Muskel und gegenstandslosem Blicke setzte sich zu ihm in den Lehnstuhl. Nicht länger regten Amberg und Rheinsberg und Limburg und Huy und Bonn in dem einen Jahre, – nicht länger die Aussicht auf Landen und Trerebach und Drusen und Dendermond im nächsten sein Blut auf; nicht länger hielten Sappen und Minen und Blenden und Schanzkörbe und Palissaden den holden Feind menschlicher Ruhe entfernt; nicht länger konnte mein Onkel Toby, wenn er sein Ei zum Abendessen aß, nach Durchbrechung der französischen Linien in das Herz Frankreichs eindringen, über die Oise setzen und, die ganze Picardie ohne Feind hinter sich, auf Paris losmarschiren; nicht länger mit Ruhmesgedanken entschlummern, nicht länger träumen, er habe die königliche Fahne auf die Bastille gepflanzt, und mit ihrem Rauschen noch im Ohr erwachen!

Lieblichere Gesichte – sanftere Erregungen schlichen in seine Träume ein; die Kriegsdrommete entsank seinen Händen – er griff nach der Laute, nach dem süßesten Instrumente, dem zartesten – dem schwierigsten von allen. Wie wirst Du sie schlagen, mein lieber Onkel Toby?

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 120.
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