Einhundertundachtzehntes Kapitel.

[172] Obgleich ich mir bewußt war, dem Beamten für seine sechs Livres vier Sous genug Schnödigkeiten gesagt zu haben, so wollte ich doch nichtsdestoweniger die Betrügereien in meine Bemerkungen verzeichnen, ehe ich den Ort verließ; ich griff also in die Rocktasche – (hier möge sich jeder Reisende ein Beispiel nehmen, ja recht vorsichtig mit seinen Bemerkungen zu sein) – aber meine Bemerkungen waren mir gestohlen. Wohl nie hat ein unglücklicher Reisender so viel Lärm und Spektakel seiner Bemerkungen wegen gemacht, als ich bei dieser Gelegenheit wegen der meinigen.

– Himmel! Erde! Meer! Feuer! schrie ich und rief Alles zu Hülfe, was mir nichts helfen konnte, – meine Bemerkungen sind gestohlen! Was fange ich an? Herr Postkommissär, ließ ich nicht meine Bemerkungen fallen, als ich neben Ihnen stand?

Sie ließen allerhand höchst sonderbare fallen, erwiederte er. – Pah! sagte ich, das waren nur ein paar, nur für sechs Livres vier Sous – aber die ich meine, das war ein ganzes Bündel. – Er schüttelte den Kopf.

– Monsieur Le Blanc – Madame Le Blanc, haben Sie nicht Papiere von mir gefunden? –

– He, Stubenmädchen – suche Sie doch oben – he, François, ihr nach –

Ich muß meine Bemerkungen wieder haben, es waren die vortrefflichsten Bemerkungen, rief ich, die je gemacht worden sind, die einsichtsvollsten, die witzigsten – Was fange ich nun an, – wo soll ich sie suchen?

Sancho Pansa, als er seinen Esel verloren hatte, kann nicht schmerzlicher geklagt haben.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 172-173.
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