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[87] Nachdem mein Onkel Toby Alles zu Gelde gemacht und alle Rechnungen Le Fevers mit dem Regimentszahlmeister und allerhand andern Leuten in Ordnung gebracht hatte, blieb nichts übrig, als ein alter Militärüberrock und ein Degen, so daß er keine Schwierigkeiten fand, die Verwaltung des Vermögens zu übernehmen. – Den Ueberrock gab mein Onkel Toby dem Korporal. – Trage ihn, Trim, sagte mein Onkel, so lange er halten will, um des armen Le Fever willen. Und diesen, sagte er, indem er den Degen in die Hand nahm und ihn aus der Scheide zog, und diesen, Le Fever, hebe ich für Dich auf. Das ist Alles – fuhr er fort und hing ihn wieder an die Wand, – das ist Alles, mein lieber Le Fever, was Gottes Wille Dir übrig gelassen; – aber hat er Dir ein Herz gegeben, Dich damit durch die Welt zu schlagen, und thust Du's wie ein Ehrenmann, – so ist's genug.
Sobald mein Onkel Toby einen Grund gelegt und den Knaben so weit gebracht hatte, daß er ein rechtwinkliges Polygon in einen Kreis zeichnen konnte, schickte er ihn in eine öffentliche Schule, in welcher er – Pfingsten und Weihnachten ausgenommen, wo Korporal Trim ihn regelmäßig nach Hause abholen mußte – bis zum Frühling des Jahres 17 blieb. Um diese Zeit entflammten die Berichte über den ungarischen Feldzug des Kaisers gegen die Türken den Sinn des Jünglings so sehr, daß er sein Griechisch und Lateinisch ohne Erlaubniß im Stiche ließ, sich meinem Onkel Toby zu Füßen warf und ihn um seines Vaters Degen und um die Erlaubniß beschwor, sein Glück unter Eugen versuchen zu dürfen. Zweimal vergaß mein Onkel Toby seine Wunde und rief: Ich gehe mit Dir, Le Fever, Du sollst an meiner Seite fechten, und zweimal legte er die Hand auf die kranke Stelle und ließ traurig und betrübt den Kopf hängen.
Mein Onkel Toby nahm den Degen von der Wand, wo er seit des Lieutenants Tode gehangen hatte, und gab ihn Trim zum Putzen; dann, nachdem er Le Fever noch vierzehn Tage bei[88] sich behalten, um ihn zu equipiren und die Ueberfahrt nach Livorno für ihn zu besorgen, übergab er ihm den Degen.
– Wenn Du brav bist, Le Fever, sagte mein Onkel Toby, so wird er Dich nicht im Stiche lassen; aber das Glück, sagte er und sann etwas nach, das Glück könnte es; und thut es das – hier umarmte er ihn – so komm zurück zu mir, Le Fever, dann versuchen wir's anders.
Das größte Leid hätte Le Fever das Herz nicht schwerer machen können, als meines Onkels väterliche Zärtlichkeit; – er schied von ihm, wie der beste Sohn vom besten Vater. Beide vergossen Thränen, und als mein Onkel Toby ihm den letzten Kuß gab, ließ er ihm sechzig Guineen in die Hand gleiten, die er, mit der Mutter Ring zusammen, in des Vaters alten Geldbeutel gethan hatte. – Gott segne ihn dafür!
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Tristram Shandy
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