Hyazinthen

[121] Fern hallt Musik; doch hier ist stille Nacht,

Mit Schlummerduft anhauchen mich die Pflanzen.

Ich habe immer, immer dein gedacht;

Ich möchte schlafen, aber du mußt tanzen.


Es hört nicht auf, es rast ohn Unterlaß;

Die Kerzen brennen und die Geigen schreien,

Es teilen und es schließen sich die Reihen,

Und alle glühen; aber du bist blaß.


Und du mußt tanzen; fremde Arme schmiegen

Sich an dein Herz; o leide nicht Gewalt!

Ich seh dein weißes Kleid vorüberfliegen

Und deine leichte, zärtliche Gestalt. – –


Und süßer strömend quillt der Duft der Nacht

Und träumerischer aus dem Kelch der Pflanzen.

Ich habe immer, immer dein gedacht;

Ich möchte schlafen, aber du mußt tanzen.
[121]

Quelle:
Theodor Storm: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 41978, S. 121-122.
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