v.

[412] In Oythe war ein Jüngling, ein einziger Sohn auf seines Vaters Stelle, der hatte eine Nachbarstochter zur Braut. Diese war immer so zuvorkommend und liebevoll gegen ihn, daß er sich alles Gute davon versprach. Als er nun gedachte, sie bald zu heiraten, kam ein guter Freund zu ihm und sagte: er wolle ihm etwas Wichtiges mitteilen, wenn er versprechen wolle, es keinem Menschen weiter zu offenbaren. Der Jüngling versprach es und gab ihm die Hand darauf. Da sagte der Freund, seine Braut, welche er bald heiraten wolle, sei eine Hexe; er solle sie doch nicht nehmen, sondern sie gehen lassen, denn er werde mit ihr doch ganz unglücklich. Als der Jüngling[412] das hörte, wurde er sehr betrübt, denn er hatte seine Braut recht lieb gehabt, auch hatte er es ihr fest versprochen, sie zu heiraten; jetzt aber hatte er auf einmal einen solchen Abscheu vor ihr, daß er sie nicht mehr sehen mochte. Er blieb deshalb auf einmal zurück und besuchte sie nicht wieder. Als es nun eine Zeit so hinging, kam das Mädchen auf einen Besuch zu ihm; er aber bezeigte sich gleichgültig und ging ihr zuletzt ganz aus dem Wege. Jetzt wußte das Mädchen, daß es vorbei war, und sann auf Rache. Zuerst bekam der Jüngling Unglück mit seinen Kühen. Als die erste krank wurde, konnte kein Tierarzt helfen, denn keiner kannte die Krankheit; die Kuh starb. Nun wurde ihm geraten, die Kuh recht zu untersuchen. Als er dieselbe öffnen ließ, fand man darin einen ganzen Knäuel Schlangen, welche noch alle lebendig waren. Gleich darauf wurde auch die zweite Kuh krank. Der Jüngling ging nun nach Vechta zu den Paters und fragte sie um Rat, erzählte ihnen alles, wie die vorige Kuh gewesen und was er gefunden habe. Da gaben ihm die Paters ein Pulver mit, das solle er der Kuh eingeben, und was der Kuh dann abgehen werde, solle er tief in die Erde vergraben, daß es wenigstens in zehn Jahren nicht wieder zum Vorscheine komme; auch solle er in drei Tagen niemand etwas leihen. Als er nun der Kuh das Pulver eingegeben hatte, kam die Mutter des Mädchens und wollte leihen; er aber wies sie ab. Als dann am andern Morgen – es war Sonntag – er früh nach der Kirche ging und über den Esch wandelte, kamen zwei Hasen auf ihn zu. Er blieb verwundert stehen, und die Hasen setzten sich vor ihm nieder. Aber auf einmal sprangen die Hasen auf und wollten ihn zu Boden reißen. Er rief um Hülfe und wehrte sich, so gut er konnte, aber er konnte es ihnen nicht halten. Er schrie aus Leibeskräften, so daß endlich Leute herbeikamen. Da verließen ihn die Hasen; sie hatten ihm aber das Gesicht arg zerkratzt und ihm die Hosen vom Leibe gerissen. Als die Leute da waren, verwunderten sie sich, denn sie hatten nichts gesehen. Als sie indessen umherblickten, wie rings herum die Fetzen seiner Kleidungsstücke lagen, fanden sie auch ein Tuch und einen Ohrring, welchen er gleich kannte, weil es derselbe war, den er seiner Braut gekauft hatte. Als er nun wieder nach Hause kam, waren seiner Kuh zwei dicke Kröten abgegangen, die er vergrub. Gleich darauf kam seine Braut zu ihm und versprach, ihm nie wieder etwas zuleide zu tun; nur solle er ihr versprechen,[413] daß er sie nicht entdecken wolle. Das hat er ihr auch versprochen, aber nicht lange darnach ist sie mit der Mutter weggezogen und ist nicht wiedergekommen, weil sie doch wohl fürchtete, daß es nicht geheim bleiben werde.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXII412-CDXIV414.
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