Fünfter Auftritt.

[42] Gundelfing. Albrecht.


ALBRECHT. Wie, edler Ritter! Ihr kommt zu einem Manne, der nach Rittergesetzen entehret ist? – gesandt von –

GUNDELFING. Gesandt von Eurem Vater, gnädiger Herr! – Ihr müßtet nicht mehr Albrecht sein, um diesen feierlichen Namen ohne andere Regung als des Zorns zu hören; und Ihr müßtet Gundelfing verkennen, um einen andern Auftrag als Friedensbotschaft zu vermuten.

ALBRECHT. So bleibt mir Agnes? so –

GUNDELFING. Ich dachte, gnädiger Herr! Euer Blut wäre mehr abgekühlt, der traurige Vorfall selbst hätte Euren Gedanken eine andere Richtung gegeben.

ALBRECHT. Wenn das Euer Vordersatz ist, so ersparet mir die Folgerungen. Agnes oder Krieg! das ist mein einziger Gedanke, alle mein Wille. Habt Ihr darauf noch was zu antworten, so sprecht! sonst Gundelfing! macht nicht, daß ich Euch hassen müsse.

GUNDELFING. Agnes oder Krieg? – das soll wohl heißen: Rache meiner gekränkten Ehre oder Krieg? anders könnt Ihr's nicht meinen.

ALBRECHT. Ja! aber nur wenn Agnes Herzogin ist, dann erst ist meine Ehre gerächet.

GUNDELFING. Diese Rache fordern weder der Ritter Sitten noch Euer Volk; sie ist also eben nicht notwendig. Wiedereinsetzung aber in eines Rittermanns Vorrechte, in Eures Vaters Gnade; die sind notwendig: dieses Euch vorzustellen, sandte er mich und Euch seine Bedingnisse zu sagen.

ALBRECHT. Bedingnisse dem Beleidigten? dem, der die Gewalt sich zu rächen hat?[42]

GUNDELFING. Gnädiger Herr! ich kam mit Eurer Vernunft, zu Eurem Herzen zu sprechen: laßt uns schweigen von Beleidigung und Rache; darauf, wenn's sein müßte, würde Ernst sein Heer und nicht einen Friedensboten antworten lassen. Seine Forderung ist, daß Ihr zurückkehret zu ihm; die Leute, die Ihr aufgeboten, entlasset und künftig nahe bei ihm die Regierungsgeschäfte teilet. Er wird Euch liebreich, öffentlich empfangen, und zum Pfande seiner Versöhnung sollt Ihr dann von seiner Hand eine holde, edle Gemahlin annehmen, die Ihr schon kennet – Annen von Braunschweig.

ALBRECHT. Und Agnes?

GUNDELFING. Von der hab' ich nichts zu sagen, da mögt Ihr Euch selbst Bescheid geben.

ALBRECHT. – Gundelfing! kann's nicht sein – Agnes oder Krieg! glaubt mir, Ritter! ich bin's mir, ich bin's Agnesen schuldig.

GUNDELFING. Schuldig? giebt's noch höhere Pflichten als gegen Vaterland, Vater und Gott, der Euch beiden gab, beiden unterwarf.

ALBRECHT geht heftig und verwirrt herum. Ja! – ich muß! leider! – Agnes oder Krieg!

GUNDELFING. Soll das Euer letztes Wort gegen mich sein? ist so Euer fester Wille?

ALBRECHT. – Ich muß! lebt wohl! als Feinde sehen wir uns wieder.

GUNDELFING. Nun noch ein Friedensbote, und dann soll Krieg sein. Geht zur Thüre und führt den Thorringer herein.


Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 1, Stuttgart [o.J.], S. 42-43.
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