94. Selige Erkenntnis Gottes

[537] Eigene Melodie


1.

Mein Gott, wer ist wohl, der dich kennt,

Weiß einer, was er sagt, wenn er dich nennt,

O selig's Gottheitswesen du?

Ja, wahrlich, ewig's Leben

Kann dein' Erkenntnis uns von nun an geben,

Auch Friede, Freude, Lust und Ruh.


2.

Du bist, o Gott, sehr unbekannt,

Auch selbst dem Volk, das nach dir wird genannt;

Es hat dich nie geschaut im Licht.[537]

Zwar ehrt dich's mit dem Munde,

Doch wohnet nicht dein Wort in ihrem Grunde;

Wer Sünde tut, der kennt dich nicht.


3.

Komm selbst, dich zu erkennen gib

In deiner Schönheit, Herrlichkeit und Lieb'

Und als der Seelen höchstes Gut!

Kein Herze wird man finden,

Sie alle deine Schönheit würd' entzünden

In göttlichreiner Liebesglut.


4.

Ach ja, ihr Menschen, glaubt es nur,

Gott ist so gut, so süß, die Liebe pur;

Es ist noch nichts, was man euch sagt,

Schaut ihn doch nur von ferne!

Wie schön ist nicht die Sonne, Mond und Sterne

Und was er sonst hervorgebracht!


5.

Möcht't ihr ihn selbst im Geist einst sehn,

Wie würdet ihr mit mir bestürzet stehn!

Was sichtbar ist, würd' fallen gar;

Ihr würdet gern ihm geben

Das ganze Herz und ihm allein nur leben

Und tief erfahr'n, Gott sei es gar.

Quelle:
Gerhard Tersteegen: Geistliches Blumengärtlein. Stuttgart 1956, S. 537-538.
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Geistliches Blumen-Gärtlein Inniger Seelen; Oder kurtze Schluß-Reimen, Betrachtungen und Lieder uber allerhand Warheiten des Inwendigen Christenthums ...: [Reprint of the Original from 1735]