92.

[245] Du wurdest aufs Feld geworfen; also verachtet war deine Seele, da du geboren warst. Ich aber ging vor dir vorüber und sah dich in deinem Blut liegen und sprach zu dir, da du so in deinem Blut lagst: Du sollst leben! Ja, zu dir sprach ich, da du so in deinem Blut lagst: Du sollst leben! Hes. 16, 5. 6


So geht es, wenn die Seele wird im Geiste neu geboren,

So muß sie erst sich sehen recht verworfen und verloren,

Verworfen als ein totes Aas, das ekelhaftig riecht,

Verloren, wie ein Kind im Blut in 'n letzten Zügen liegt.

So bin ich, Herr: du siehest mich in meinem Blut zertreten,

Du sprichst zwar, daß ich leben soll, daß du mich willst erretten,

Doch gehest du vorüber noch; komm mir Elendem nah,

Sprich abermal mit Kraft ins Herz: Seel', du sollst leben ja!


Quelle:
Gerhard Tersteegen: Geistliches Blumengärtlein. Stuttgart 1956, S. 245-246.
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Geistliches Blumen-Gärtlein Inniger Seelen; Oder kurtze Schluß-Reimen, Betrachtungen und Lieder uber allerhand Warheiten des Inwendigen Christenthums ...: [Reprint of the Original from 1735]