Die Edelsten der Nation

[605] Was sagtet ihr nur damals von den Polen,

Ich meine damals, als ihr keck gestohlen,

Was sonst als Eigentum geheiligt ist?

Die Ostmark wolltet ihr uns deutsch erhalten,

Nicht dulden, daß dort fremde Mächte walten,

Die immerdar entfachen neuen Zwist!


Und wie doch hieß es von den argen Pfaffen?

Die Vorhand sollten sie an sich zu raffen

Durch euren Widerstand verhindert sein?

Daß Rom und Papst des Reiches Schicksal lenken,

Sei unerträglich euerm deutschen Denken

Und schaffe eurem Herzen grimme Pein?


Verwundert sieht nun, wer euch arglos traute

Und auf das Wort von Preußens Junkern baute,

Verwundert sieht er, was ihr heute treibt.

Sieht alle Flammen eurer Wut erloschen,

Sieht, wie ihr neuerdings um Judasgroschen

Den Feinden Deutschlands euren Dienst verschreibt.


Doch jene lächeln, die euch nie gepriesen;

Ein alter Spruch nur hat sich wahr erwiesen:[605]

Es schlägt sich und verträgt sich schlechtes Pack

Nun eilt, euch fromme Masken vorzubinden

Und neu gefügte Phrasen zu erfinden

Von Gott und Vaterland für euren Sack!

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968, S. 605-606.
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