Die Fürstin Wrede


oder

Ein rührender Zug der preußischen Rechtspflege

[666] Der Tatbestand ist solchermaßen:

Wir haben erst die Fürstin Wrede,

Dann den Gemahl, den Diener Glasen.

Von diesen dreien ist die Rede.


Gestohlen haben Hochgeboren

Frau Fürstin Wrede. Dieses Faktum

Ging im Prozesse nicht verloren,

Und gilt noch heute als intactum.


Auf den Objekten der Vergehen

Aß der Gemahl. Aus welchem Grunde

Das Monogramm er nicht gesehen,

Erhellt nicht aus dem Tatbefunde.


Der Diener Glase ist der dritte,

Der äußerst unbeliebt sich machte,[666]

Indem er gegen alle Sitte

Den Saustall in die Zeitung brachte.


Dies alles war dem Landgerichte

Zur Urteilsfällung unterbreitet.

Es hat auch die Skandalgeschichte

Schon in die rechte Bahn geleitet.


Die Fürstin fiel in Wahnsinnsnächte,

Der Fürst braucht einfach nischt zu wissen,

Doch den Gemeinsten aller Knechte

Hat man sofort ins Loch geschmissen.

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968, S. 666-667.
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