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[701] Im Wirtshaus sitzt der Vater,
Die Mutter im Theater,
Sie schwelgt im Kunstgenuß.
Die Tochter, unschuldsreine,
Liest still beim Lampenscheine
Den Simplicissimus.
[701]
Wie alle höh'ren Töchter
Hat sie nicht der Geschlechter
Verschiedenheit gekennt.
Doch als sie dies gelesen,
Ist alles futsch gewesen,
Was man moralisch nennt.
Sie ließ den Storchenglauben
Wohl über Nacht sich rauben,
Und sonst noch mancherlei.
Sie las vergnügt die Witze,
Verstand die frechste Spitze,
Und wußte, was es sei.
Als dies die Mutter ahnte
Und ihr das Schlimmste schwante,
Sprach sie nicht einen Ton.
Sie schloß in ihrer Kammer
Sich ein, mit ihrem Jammer
Und einem Bariton.
Noch tiefer ist gesunken
Der Vater. Schwer betrunken
Holt er sich bald die Gicht.
Wie war er gut katholisch!
Jetzt ist er alkoholisch,
Bis daß sein Bierherz bricht.
Er geht nicht mehr von hinnen,
Poussiert die Kellnerinnen
Vor Gram und Überdruß.
Und wer hat das verschuldet?
Der, den man leider duldet,
Der Simplicissimus!