Der Zornige

[204] Romanze.


Zu den Waffen! zu den Waffen!

Wer sich je der Kämpfe freute!

Schirmt mit Erz euch um den Busen,

Reißt den Stahl von eurer Seite!


Ringt empor mit allen Kräften,

So wird euer bald die Beute;

Hemmen Felsen eure Schritte?

Endlich kommt ihr in die Weite.


Hier sind Ströme überstürzend,

Und hier brennt ein grimmig Feuer;

Laßt das Wilde mit dem Wilden

Kämpfen, wird sich Ruh erzeugen.


Nach dem Lichte geht mein Kämpfen,

Nach der Freye will mein Streiten:

Wie das Dunkel sich herab wirft,

Will mein Herz sich mir entzweien.
[205]

Unten hör' ich Wasser toben,

Wie die Schlünde nach mir geizen,

Oden will der Sturm mich schelten,

Und der Blitz will nach mir greifen.


Soll ich Schutz in Höhlen suchen?

Nein, das Dunkel macht mich feiger.

Auf! mein Trotz, sei ungebändigt,

Schau die Felsen an, die steilen.


Wie sich ihre Steine thürmen

Und sich keinem Willen beugen,

Also aufrecht streb' mein Herze,

Daß du Sturm, Blitz, Strom, nicht scheuest.


Reißt euch nur, ihr wilden Strudel,

Steh entgegen, wild Gesteine,

Werft euch auf mich, Eichenstämme,

Fallt hernieder, Donnerkeile!
[206]

Um so eh bin ich gesunder

Und mein Wille springt in's Freye,

Wenn ihr mich Bergunter wälzet,

In die tiefen Klüfte schleudert.


Tiefer liegt der Wald schon unten

Und die Finsterniß entfleuget,

Auf die Felsen tret' ich herrschend,

Mancher Ast entgegen beuget.


In der Höhle Arm gefangen,

Bin ich dennoch ohne Scheue,

Mein Bemühn war nicht vergeblich

Und ich fühle keine Reue.


Tief und tiefer will ich klimmen,

Und der Oede widerstreiten,

Will kein Klang mir weiter folgen,

Muthigt mich doch mein Geschreye.
[207]

Zu den Waffen! zu den Waffen!

In mir tobt ein wilder Leue,

Und dem Stahl des Schwerdtes zucken

Funken aus dem Stein, die leuchten.


Und es springen mir die Wände,

Und ich sehe schon die Bläue.

Meinem Ringen flieht das Dunkel,

Oben glänzt die Sternen-Reihe.


Nieder knie' ich nun und danke,

Goldne Strahlen ziehn erfreuend

Liebesnetze um den Kämpfer,

Der die Waffen weit weg streute.


Endlich, ruft er triumphirend,

Ist mein Herz und Leben euer,

Alle Klüfte liegen unten:

Nun verzehr' mich Liebesfeuer!

Quelle:
Ludwig Tieck: Gedichte. Teil 2, Heidelberg 1967, S. 204-208.
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