Fünfter Auftritt.

[38] Don Juan. Don Pedro.


DON PEDRO.

Jetzt

Sind wir allein; hier zeige deinen Muth.

DON JUAN.

Muth hab' ich, Oheim; doch nicht gegen euch.

DON PEDRO.

Sag', wer du bist.

DON JUAN.

Ich sagt' es schon; dein Neffe.


Enthüllt sich.


DON PEDRO.

O weh, mein Herz! ich fürchte Frevelthat.

Was thatest du, Feind meiner Ruh? Warum

Hier so verhüllt? Sag' eilg, was es giebt.

Ha, Frecher! morden möcht' ich dich, Rebell.

Sprich jetzt!

DON JUAN.

Mein Herr und Ohm, ich bin ein Jüngling;

Ein Jüngling warst auch du. Du kennst die Liebe;

Drum finde meine Lieb' Entschuldigung.

Und weil du Wahrheit mich zu sagen zwingst,[38]

So hör'; ich will sie sagen: Isabella,

Die Herzogin, hab' ich getäuscht, gebrochen

Der Liebe Frucht ...

DON PEDRO.

Hör' auf; halt ein. Wie hast

Du sie getäuscht? Sprich leise, oder schweig.

DON JUAN.

Ich gab mich für den Herzog, für Octavio ...

DON PEDRO.

Nicht weiter! Schweig; genug!


Für sich.


Ich bin verloren,

Wenn es der König hört. Was soll ich thun?

List soll mir helfen in so bösem Handel.


Laut.


Sprich, Bube: war's dir nicht genug, daß du

Gewaltsam solchen Frevel schon geübt

In Spanien einst an einem edlen Weibe;

Jetzt in Neapel auch, im Schloß des Königs,

An solcher hohen Frau? Gott strafe dich,

Amen! – Dein Vater sandt' aus Spanien

Dich nach Neapel, wo das schäumende

Gestade des ital'schen Meers dich aufnahm,

Erwartend für so gastlichen Empfang

Den Zoll der Dankbarkeit; und du besteckst

Des Landes Ehr' in solcher hohen Frau! – –

Doch hier ist jede Zögerung Verderben;

Was willst du thun?

DON JUAN.

Entschuldigung verschmäh' ich,

Denn eine schlimme hätt' ich euch zu geben.

Mein Blut ist eures: nehmt es hin; es zahle

Die Schuld. Zu euren Füßen biet' ich mich;

Hier ist mein Schwert.

DON PEDRO.

Steh auf und zeige Muth;

Von deiner Demuth fühl' ich mich besiegt.

Wirst du hier vom Balkon zu springen wagen?[39]

DON JUAN.

Ich wag' es; Flügel giebt mir deine Gunst.

DON PEDRO.

So rett' ich dich. Du gehst nach Mailand oder

Sicilien, wo du im Verborgnen lebst.

DON JUAN.

Ich thu' es ungesäumt.

DON PEDRO.

Gewiß?

DON JUAN.

Gewiß.

DON PEDRO.

Und meine Briefe melden dir alsbald,

Wie sich entwickelt dieser böse Handel,

Den du verschuldet.

DON JUAN für sich.

Mir zur Lust gedieh er. –


Laut.


Ja, schuldig war ich, und gesteh's.

DON PEDRO.

Dich täuscht

Dein Jugendmuth. – Hinunter vom Balkon!

DON JUAN für sich.

Voll Jugendmuthes, der mich nimmer täuscht,

In sichrem Hoffen jetzt – – nach Spanien!


Ab.


Quelle:
Molina, Tirso de: Don Juan, der Verführer von Sevilla oder der steinerne Gast. In: Spanisches Theater, fünfter Band, Leipzig [o. J], S. 38-40.
Lizenz:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Reigen

Reigen

Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.

62 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon