[139] Platz vor der Kirche.
Don Juan. Catalinon.
CATALINON.
Wie hat der König dich empfangen?
DON JUAN.
Besser
Und wärmer, als mein Vater.
CATALINON.
Warst du auch
Bei Isabella?
DON JUAN.
Auch.
CATALINON.
Wie sieht sie aus?
DON JUAN.
So wie ein Engel.[139]
CATALINON.
Nahm sie dich wohl auf?
DON JUAN.
Das Angesicht in Milch und Blut getaucht,
So wie die Rose, die beim Morgenroth
Erwacht und ihres Kelches Blätter öffnet.
CATALINON.
Und Hochzeit ist heut Nacht?
DON JUAN.
Unfehlbar heut.
CATALINON.
So kriegst du nun den aufgewärmten Braten;
Er wäre frisch, hätt'st du sie nicht vorher
Betrogen! – Doch du nimmst dir eine Frau
Mit schweren Lasten.
DON JUAN.
Wirst du unverschämt?
CATALINON.
Und besser wär's, du hieltest morgen Hochzeit;
Heut ist ein böser Tag.
DON JUAN.
Was für ein Tag
Ist heute denn?
CATALINON.
Ein Freitag1.
DON JUAN.
Tausend Heuchler
Und Narren baun auf solche Albernheiten.
Den Tag nur nenn' ich bös, abscheulich, grausig,
Wo mir das Geld fehlt; Alles sonst ist Wind.
CATALINON.
Komm nun, dich anzukleiden. S' ist schon spät;
Und man erwartet dich.[140]
DON JUAN.
Wie dringend auch
Man uns erwarte, haben wir doch erst
Ein anderes Geschäft.
CATALINON.
Was?
DON JUAN.
Bei dem Todten
Zu speisen.
CATALINON.
Thorheit über Thorheit!
DON JUAN.
Was?
Ich gab mein Wort!
CATALINON.
Und wenn du's ihm auch brichst,
Was liegt dran? Wird ein Steinbild Rechenschaft
Dir für dein Wort abfordern?
DON JUAN ironisch.
Nun, es kann
Der Todte öffentlich mich ehrlos schelten.
CATALINON.
Die Kirch' ist schon verschlossen.
DON JUAN.
Klopfe denn!
CATALINON.
Was nützt das Klopfen hier? Die Küster schlafen;
'S macht Keiner auf.
DON JUAN.
Klopf' an der Seitenthür
CATALINON drückt auf die Klinke.
Die steht schon offen.
DON JUAN.
Komm.[141]
CATALINON.
Da geh' ein Pfaffe
Hinein mit seinem Wedel und der Stola!
DON JUAN.
Folg' mir, und schweige.
CATALINON.
Schweigen soll ich?
DON JUAN.
Ja.
CATALINON.
Gott helfe mir mit heiler Haut von solchen
Gastmählern!
Sie gehen in die Kirche.
1 | Bei den Spaniern ist es der Dienstag. |
Buchempfehlung
Ein reicher Mann aus Haßlau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen für die Erben versehen. Mindestens eine Träne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, Gärtner und Pfarrers müssen erfolgreich ausgeübt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.
386 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro